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Full text of "Dämonenbeschwörungen aus nachtalmudischer Zeit : inschriftlich auf Thongefässen des Königlichen Museums in Berlin"

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Ad Her 
Dämonenbeschwörungen 


aus nachtalmudischer Zeit 


inschriftlich auf Thongefässen des Königlichen 


Museums ın Berlin. 


Herausgegeben, übersetzt und erklärt 
von 


Rabbiner Dr. Josef Wohlstein 


Schüttenhofen (Böhmen). 





BERLIN 
EMIL FELBER 


6 ANHALT-STRASSE, SW 46 


1894, 





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Meinen teueren Eltern 


in kindlicher Liebe 


gewidmet. 


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Ueber einige aramäische Inschriften auf Thon- 
gefässen des Königliehen Museums zu Berlin. 
Von Jos. Wohlstein. 


Einleitung. 


Das Königliche Museum in Berlin hat im Jahre 1856 
einige Schalen aus Bagdad, deren innere Flächen mit 
aramäischen Inschriften bedeckt sind, käuflich erworben. 
Den allgemeinen Inbalt derselben bilden Beschwörungen 
und Verwünschungen gegen Dämonen und böse Geister, 
die Krankheiten oder sonstige Uebel am Körper und im 
Hause verbreiten. Die Sprache und der Gedankengang 
ist im Wesentlichen in allen Inschriften gleich; die Form 
dagegen und die Ausdrucksweise, in welcher der verderb- 
lichen Thätigkeit der Dämonen Einhalt geboten wird, ist 
auf jedem Thongefässe eine andere; ebenso treten uns 
auf jeder Schale andere Engelnamen entgegen. Die Ver- 
schiedenheit der Engelnamen rührt offenbar daher, dass 
nach Ansicht der Kabbalisten die Herrschaft der Engel 
immer wechsle und man sich stets an denjenigen zu 
wenden habe, der in dem bestimmten Augenblicke Macht 
besitzt. Darin besteht das Mysterium der Kabbalah. Im 
Buche Raszel p. 4 werden diesbezügliche Belehrungen und 
Auskünfte erteilt. 

Auf einigen dieser Gefässe werden die Dämonen im 
Namen Gottes und einer ganzen Reihe guter Engel be- 
schworen und aufgefordert, den Ort ihrer schädlichen 


2 Jos. Wohlstein 


Wirksamkeit sofort zu räumen, damit den Leiden und 
Qualen des Betroffenen ein Ende bereitet und ihm die er- 
sehnte Ruhe gegeben werde. In manchen Fällen scheint 
dies auch ohne Einfluss und Erwähnung geistiger Wesen 
geschehen zu sein. So findet sich auf zwei Schalen der 
lakonische Zuruf an die bösen Geister, sofort von einem 
gewissen Orte sich zu entfernen und zwar aus eigener 
Machtvollkommenheit; weder Gott noch Engel werden 
darin um Hilfe und Mitwirkung angerufen. Auf einer 
andern Schale wird dieses Ziel nicht durch einen Exorcis- 
mus der Geister zu erreichen gesucht, sondern durch die 
Lähmung ihrer Kraft und Fähigkeit Schaden zu thun und 
Unheil zu stiften. Es wird ihnen zugerufen: M»IHAN} PITDN 
„Seid gebunden und versiegelt!*, und durch diesen Zuruf 
des Beschwörens wird ihre fernere schädliche Thätigkeit 
für immer verhindert. 

Es ist jedoch anzunehmen, dass diese Abweichungen 
nur zufälliger Natur sind und dass die Formeln sich ihrem 
Wesen und ihrem Zweck nach nicht von einander unter- 
scheiden. Eine Ausnahme davon bildet die Inschrift Nr. 2417, 
die keine Dämonenbeschwörung, sondern eine Bitte an die 
Geister gewisser Verstorbener enthält und wahrscheinlich 
einem besonderen Gebiete des Aberglaubens angehört, 
von welchem bis heute ein analoges Stück fehlt und, da 
das vorliegende zum Theil corrupt ist, uns eine volle 
Klarheit und ein volles Verständnis abgeht. Wir müssen 
uns darauf vertrösten, dass ein günstiger Zufall uns noch 
andere Stücke ähnlicher Tendenz zu Tage fördert. 

Inschriften einiger Schalen ähnlichen Inhaltes wurden 
schon von mehreren Gelehrten publiziert und, da deren 
Zahl gering ist, will ich sie hier der Reihe nach anführen, 
was schon deshalb angezeigt erscheint, weil die betr. Ar- 
beiten sich in verschiedenen Zeitschriften und Werken zer- 
streut finden und nicht selbständig erschienen sind. 

Die erste derartige Publication liegt vor in Lavarp's 
Discoveries, cap. XXI p. 5ı3 ff. Lavarp fand im Amran- 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 3 


Hügel unweit Hillah sowie an anderen Stellen im süd- 
lichen Babylonien mehrere Thongefässe, die sich jetzt im 
Besitze des British Museum befinden. Sie wurden von 
dem englischen Gelehrten Tmomas Eıriıs transskribiert und 
übersetzt, dessen Arbeit in das genannte Werk aufge- 
nommen wurde. Die älteste dieser Inschriften wurde später 
von M. A. Levy vielfach berichtigt und nach einer voll- 
ständig abweichenden Lesung des Textes, begleitet von 
einem ausführlichen Commentar, in ZDMG 1885, Bd. IX 
p. 465 veröffentlicht. 

Chworson nahm in seinem Corpus inscriptionum He- 
bratcarum diese vier Inschriften wieder auf (die russische 
Ausgabe, welche 1884 in Petersburg erschien und in vielen 
Punkten von der deutschen abweicht, enthält deren fünf), 
machte dazu einige nicht unwesentliche Bemerkungen und 
behandelte dieselben ganz besonders von ihrer paläogra- 
phischen Seite. Die Einwürfe, die er an einzelnen Punkten 
gegen Levy und Har£vy erhebt, sind zweifellos berechtigt, 
wie man ihm auch in seinem strengen Urteil über die 
Iransskription Ropweır’s 7r. Soc. Bibl. Lit. II, p. 114 ff. 
vollständig beipflichten muss. Im Grossen und Ganzen 
jedoch ist seine Kritik der Leistungen Levy’s und Haıtvy’s 
(Comptes-rendus de P’Acad. d. Inscr. et B. L. 1877, P- 288 
— 293) eine durchaus günstige. Hinzugefügt sei noch, 
dass von S. LAnpaver in den GGA 1882 eine Recension 
über das erwähnte Werk CHworson’s erschien, in welcher 
auch diese Inschriften kurz gestreift werden. 

FHvvernart veröffentlichte in der ZK ll, p. 113— 148 
die Inschrift einer Schale, die sich im Museum zu Cannes 
befindet; diese Arbeit wurde von NÖöLDERE und (GGRÜNBAUM 
ebendaselbst eingehend besprochen: PP- 295— 297, 217—30. 

Die Inschrift einer Vase im Louvre wurde von Schwar 
in der Revue de l’Ass. 1885, p. 117 veröffentlicht und über- 
setzt; doch sind seine erläuternden Anmerkungen dazu 
nicht erschöpfend genug gehalten, und seine Uebersetzung 
ist an manchen Stellen offenbar unrichtig. 827 smawb 


4 Jos. Wohlstein 


heisst nicht »dans la grande mer«, was vollständig sinn- 
los wäre, sondern: „bei der grossen Beschwörung (möget 
ihr heiligen, reinen Engel zu meiner Rechten stehen !)*. 
Befremdend erscheint es auch, da das Amulet für eine 
weibliche Person geschrieben ist, die masc. Construction 
mn) yt2 darin zu finden. 


Diese Inschriften sind sowohl in paläographischer als 
auch in religionsgeschichtlicher Hinsicht von grosser Wich- 
tigkeit. Ihr Wert wurde anfangs sogar überschätzt, in- 
dem Eırıs, dem das Verdienst gebührt, der Erste gewesen 
zu sein, der durch seine Publication die allgemeine Auf- 
merksamkeit auf diese Inschriften gelenkt hat, ihr Alter 
bis in das babylonische Exil hinauf versetzen wollte. Die 
Unhaltbarkeit und Uhnrichtigkeit dieser Ansicht ist aber 
heute schon allgemein anerkannt. 


Der Versuch LENoRMmAnNT’s, Zssar etc. I, p. 272, diese 
Amulette auf den Talmud zurückzuführen, wurde durch 
CHwoLson, als ein auf Unkenntnis des Talmuds beruhender, 
als falsch und irrtümlich zurückgewiesen, jedoch mehr 
durch den Ton der Entschiedenheit als durch die Kraft 
der Beweisgründe. Dadurch erscheint es erklärlich, dass 
HyvvernArt trotz Cuworson’s Ausspruch LENoRMANnNT als volle 
Autorität anerkennt und die Behauptung desselben seinen 
Ausführungen in der Behandlung der von ihm veröffent- 
lichten Inschrift zu Grunde legt. Dieser Glaube an eine 
falsche Autorität wurde ihm von GRÜNBAUM a. a. O. zum 
Vorwurf gemacht. | 


Es muss demnach zunächst zu der Frage Stellung 
genommen werden: Sind wir berechtigt anzunehmen, dass 
diese Inschriften Producte der talmudischen Hochschulen 
zu Babylon sind, wie LENoRMAnT will, oder haben die- 
selben mit dem Talmud nichts gemein, wie es die Ansicht 
CHwoLson’s ist? 


Die Wahrheit liegt, wie in vielen andern Dingen, so 
auch hier in der Mitte. Dass in diesen Inschriften talmu- 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 5 


dische Anklänge vorhanden sind, lässt sich nicht bestreiten. 
Ich habe einige Stellen aus dem Talmud in den Commen- 
taren zu den Inschriften angeführt und sie mit den darin 
enthaltenen verglichen. Aus dieser Vergleichung ergiebt 
sich zuweilen unleugbar eine gewisse Verwandtschaft 
zwischen beiden. Andererseits wieder steht nicht minder 
fest, dass die wenigen im Talmud befindiichen Beschwö- 
rungsformeln (vgl. BREcHER, Das Transcendentale im Talmud 
Wien 1850, p. 195-203) so grundverschieden und abwei- 
chend von den vorliegenden sind, dass die Verschiedenheit 
ihres Ursprungs, die später genau angegeben werden soll, 
sich dem Leser in unzweifelhafter Weise aufdrängt. Wir 
stehen somit vor der Frage: Fliessen diese Formeln aus 
einer Quelle, woher dann diese auffällige Verschiedenheit; 
haben sie aber keinen gemeinsamen Ursprung, wie lässt 
sich die Ideenverwandtschaft in so vielen Punkten erklären? 
Bei der Beantwortung dieser Frage müssen zwei Factoren 
ins Auge gefasst werden: die Schreiber dieser Amulette 
und die Zeit ihrer Abfassung. Dass die Schreiber Juden 
waren, bedarf keiner ausführlichen Beweisführung. Es 
geht dies aus der Sprache, dem Gedankengange, sowie 
aus einzelnen spezifisch jüdischen Redewendungen mit un- 
zweideutiger Klarheit hervor. Solche sind z. B: v2 
nbD TON S’OW, welche Formel sich dem Sinne nach bis auf 
den heutigen Tag erhalten hat in den Worten ıM'yD2 
NYaw7 „mit Hilfe Gottes“, womit jede zu beginnende oder 
beendete Thätigkeit begleitet wird. Auch das Wort sine 
als Bezeichnung für Gott ist echt jüdisch. Hier, wo sich 
eine Handlung von solcher Tragweite wie die Heilung 
eines Menschen vorbereitet, wird der Ausdruck auch dem- 
entsprechend verstärkt: .... »mN2. In einer Inschrift 
wird sogar ausdrücklich gesagt: Inner nos Denn. 

Was nun den zweiten Punkt, die Abfassungszeit be- 
trifft, so handelt es sich nicht um die genaue Angabe eines 
bestimmten Datums, sondern lediglich um die F eststellung 
dessen, dass diese Texte nach Abschluss des Talmud ge- 


6 Jos. Wohlstein 


schrieben wurden, wofür namentlich paläographische Gründe 
sprechen; siehe NÖLDERE a.a. O. 

Steht dies einmal fest, so kann es uns nicht befremden, 
in diesen Inschriften, obgleich sie nicht unmittelbar mit 
dem Jalmud im Zusammenhange stehen, talmudische An- 
klänge zu finden, da ja die Schreiber, wie erwähnt, Juden 
waren und bei diesen eine Vertrautheit mit dem nationalen 
Litteraturwerke von vornherein zu erwarten ist, sowie 
auch, dass sie ihre diesbezüglichen Kenntnisse bei ihren 
magischen Kuren zu verwerten strebten. 

Damit hat auch die zweite Frage, wie sich der Wider- 
spruch in der Ideenverwandtschaft mit dem Talmud einer- 
seits, in der Abweichung von demselben andrerseits er- 
klären lasse, schon viel von ihrer Schärfe verloren, da ihre 
Spitze sich nicht mehr gegen den Talmud selbst, sondern 
gegen eine gewisse Klasse von Menschen richtet, die, ob- 
gleich sie in manchen Punkten eine Abhängigkeit von 
jenem bekunden, in andern sehr wohl von ihm abweichen 
konnten. 

Unsere Texte unterscheiden sich der Form nach von 
den talmudischen Beschwörungsformeln: diese sind in la- 
pidarischer Kürze abgefasst, jene haben das Streben nach 
einer gewissen Weitschweifigkeit und Häufung von Sy- 
nonymen, welche oft erkünstelt und sehr weit hergeholt 
sind. Ein weiterer ganz charakteristischer Unterschied ist, 
dass in unseren Inschriften der Zweck, dem sie dienen 
sollen, wie auch ihr Inhalt dem Leser in einer leichtver- 
ständlichen Sprache mitgeteilt werden. Es werden ihm 
gleichsam der Weg und die Mittel gezeigt, durch welche 
die zu erstrebende Heilung vollzogen wird. 

Besonders scharf springt der Unterschied in materieller 
Hinsicht in die Augen. In den Amuletten wird ein ganz 
neues Heilverfahren in Anwendung gebracht, in den tal- 
mudischen Formeln dagegen liegt die Heilkraft, die magi- 
sche Wirkung in ihnen selbst: man braucht nur einen 
gewissen Spruch, bestimmte Worte auszusprechen oder 


Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen. 7 


niederzuschreiben, und das Ziel ist erreicht, die Wirkung 
tritt von selbst ein. Hier dagegen werden die guten 
Geister zum Kampfe gegen die Dämonen angerufen und 
aufgefordert, sie zu vertreiben oder zu vernichten. Wohl 
findet sich auch im Talmud eine Stelle, dass die guten 
Engel ein Mittel anwandten, um die bösen Engel in der 
Ausführung ihrer bösen Absicht zu verhindern, Sabzssas 
aber dort geschah dies nicht durch Intervention und Ver- 
mittlung menschlicher Wesen, sondern einzig und allein 
auf den ausdrücklichen Befehl Gottes. Dieser Umstand 
führte mit logischer Notwendigkeit zu einer Bereicherung 
der Angelologie durch Bildung neuer Engelnamen, da mit 
jedem neueintretenden Falle auch dementsprechende Geister 
in Wirksamkeit treten mussten, sowie auch zu einem 
Wachsen der Autorität der Amulettenschreiber, indem bei 
ihnen eine Vertrautheit mit der Geisterwelt vorausgesetzt 
werden musste. 

Diese Unterscheidungsmerkmale führen uns von selbst 
zu der Quelle dieser Texte, dem Mandaismus. Das Volk 
der Mandäer hatte eine stark ausgebildete Dämonologie, 
die in seinen heiligen Schriften, wie in denen des Parsis- 
mus, einen breiten Raum einnimmt. Sie sind im Besitze 
eines Iraktates, der ausdrücklich Anweisungen zur ÄAb- 
wehr von allerlei Krankheiten und Unfällen, welche die 
bösen Geister herbeiführen, erteilt; s. den Artikel Mandäer 
von Kessrer in Herzoc-PLitr Bd. IX, p. 207. 

Wenn wir bedenken, dass die Sprache des babyloni- 
schen lalmuds mit der der Mandäer grammatisch und 
lexikalisch sehr nahe verwandt ist (vgl. NöLDERE, Mand. 
Gr. p. V), so erkennen wir schon daraus die nahen Be- 
ziehungen beider Völker zu einander, und es ist selbst- 
verständlich, dass unter solchen Verhältnissen ein Einfluss 
wenigstens auf gewisse Kreise sich geltend machen musste 
und zwar von beiden Seiten aus. Die jüdischen Bestand- 
teile im Mandaismus hat bereits Branpr, Die mandäische 
Religion 3 69—74 behandelt. Ich möchte seinen Ausfüh- 


5 Jos. Wohlstein 


rungen noch folgendes hinzufügen. Die mandäische An- 
schauung von den 0% N'PYEN, Wasserbächen, die sich der 
Seele als letztes Hindernis auf ihrem Wege in das Haus 
des Lebens entgegenstellen, deren Ursprung bis heute 
noch nicht klar und bestimmt erkannt ist, dürfte vielleicht 
mit einer Stelle im Talmud im Zusammenhange stehen. 
Diese knüpft an ı 32 an: ny» N on 52 bban'. nt Sy 
YyN v5 Ybbs 0999 D% ala P7 012. Hierzu bemerkt nun 
der Talmud Ber. 8b, sin nyb sei der Tag des Todes. 
Einen Sinn erhalten diese Worte erst dann, wenn wir 
die mandäische Anschauung voraussetzen. Noch eine 
andere Stelle ist nach dieser Seite hin beachtenswert. 
In einem Liede, das aller Wahrscheinlichkeit nach zur 
Totenliturgie der Mandäer gehört, wird der Seele auf 
dem Wege zur Lichtwelt Trost und Mut zugesprochen 
mit den Worten: 78N1280) PT TSINDIPN TON u. s. w. 
„dein Lohn, deine Thaten, deine Gerechtigkeit und dein 
gutes Handeln (werden dich dahin geleiten)*. Der Ge- 
danke, dass die guten Werke als Begleiter mit der 
Seele ziehen, findet sich auch im Talmud (Abdoth 6): Nnyw2 
Day [npme] sas Int so ND> SD DANS TNDD TR DIN SW InIOB 
ana a3 | 

Die Gleichheit der Anschauung und der Ausdrucks- 
weise nötigt uns, an eine gewisse Abhängigkeit zu denken. 
Dazu tritt nun noch die Wahrnehmung, dass die Methode, 
die bei der Bildung von Engelnamen befolgt wurde, im 
Mandaismus und im Talmud die gleiche gewesen ist. Als 
Beleg hierfür dürften folgende Beispiele genügen: Die 
Worte 8”N)Y und 8% bedeuten nichts weiter als: „Reich- 
tum“, „Glanz“. Da nun beide Dinge dem Menschen be- 
gehrenswert erscheinen und der Besitz derselben als ein 
hohes Glück gedacht wird, so wurden diese Worte zu 
nomina propria guter Greister. 

Ganz in derselben Weise verfährt der Talmud: saw, 
das einfache Wort „Flamme* wurde ohne Weiteres zum 
nomen proprium eines Dämons, des Dämons der Schmiede 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 9 


gemacht,'‘) und das Wort 72 „rein“ wurde in den Rang 
eines Geisterfürsten erhoben, der den unwürdigen (rebrauch 
von Speisen mit bitterer Armut ahndet: /es. p.ıııb. Es 
tritt uns somit hier eine Erscheinung entgegen wie bei 
den Juden während des babylonischen Exils, die That- 
sache nämlich, dass die Juden ihre Bekanntschaft mit den 
Engelnamen den alten Chaldäern verdanken, wie es in 
der oft zitierten Stelle im Talmud ausdrücklich und un- 
umwunden ausgesprochen wird: np D’WANM Dianbur ninw 
532% Onny Talm. Jerus. Rosch haschschanah 1, 4; Genesis 
rabbah c. 48, jedoch mit dem Unterschied, dass hier den 
Greistern ein spezifisch-jüdisches Gepräge aufgedrückt wurde, 
um durch die Namensprägung ihren Ursprung vollständig: 
zu verwischen, was eine Folge des erstarkten National- 
gefühls ist, das durch die ausgedehnte Lehrthätigkeit der 
babylonischen Hochschulen erweckt worden war und stets 
neue Impulse erhielt. Dies dürfte auch den Hauptgrund 
für die Schreiber gebildet haben, aus ihrem nationalen 
Litteraturwerke Einzelnes herauszugreifen und talmudische 
und mandäische Gedanken mit einander zu einem harmo- 
nischen Ganzen zu verschmelzen. Damit wurde in der 
Kunst der Dämonenbeschwörung, die, wie aus den In- 
schriften hervorgeht, einen wichtigen Zweig damaliger 
Heilwissenschaft bildete, ein neuer Weg eingeschlagen. 
Es trat eine Umwälzung und Neugestaltung in der etwa 
bis dahin üblich gewesenen Amulettenschreiberei ein. Sie 
wurden von nun an weder nach den Mustern im Talmud 
noch nach denen der Mandäer allein abgefasst, sondern 
es wurde eine ganz neue Form herausgebildet, die das 
Gute beider vereinigte, also eine Art Eklekticismus geübt. 
Diese innere Reform musste natürlich nach Aussen hin, 
auf die Verhältnisse derjenigen Kreise, in welchen dieser 
Zweig des Aberglaubens gepflegt wurde und Lebensberuf 


I) Siehe jedoch BAETHGEN, Beiträge zur semitischen Religionsgeschichte, 


Berlin 1888, p. 50, der das Wort auf den Namen der phöniz. Gottheit ala 
zurückführen will. 


10 Jos. Wohlstein 


war, eine tiefgehende Wirkung ausüben. Diese Wissen- 
schaft wird wohl bis dahin, das lässt sich mit einiger 
Sicherheit annehmen, nicht das Ansehen einer esoterischen, 
geheimnisvollen genossen haben. Es hat auch keine be- 
sonderen Schulen gegeben, in denen man darin eingeweiht 
und ausgebildet wurde, da besondere Vorkenntnisse hierzu 
nicht erforderlich waren. Bei einiger Vertrautheit mit dem 
Talmud war es jedem Einzelnen ermöglicht, im Bedürfnis- 
falle die betreffenden Stellen zum Gebrauche abzuschreiben. 
Mehr brauchte er nicht und konnte ihm auch von anderer 
Seite nicht geboten werden, da den Juden ausser dem 
Talmud keine anderen Quellen zu Gebote standen. 

Mit dem Momente aber, wo die Dämonen nicht mehr 
durch einen magischen Spruch allein bekämpft und ver- 
drängt werden konnten, sondern hierzu die Mitwirkung 
zahlloser Engelklassen erforderlich war, wurde die Kunst, 
sie zu beschwören, in den Rang einer esoterischen Wissen- 
schaft erhoben, die einigen Auserwählten den Blick in die 
innere Oekonomie des Himmels gewährte Es ergab sich 
von selbst die Notwendigkeit, Schulen zu bilden, in denen 
jene immer mehr erweitert und fruchtbar gemacht werde. 

Hier haben wir meines Erachtens die ersten Keime 
und Anfänge der späteren Kabbalah zu suchen, deren 
Wiege ohne Zweifel in Babylon gestanden hat. Ist doch 
die künstliche Construktion von Engelnamen mit Hilfe des 
Wortes 58, die in unsern Inschriften eine so wesentliche 
Rolle spielt — für die der schon Dan. capp. 8. 16. 9. 21 
genannte Engelname Gabriel vorbildlich gewesen sein 
dürfte — ein hervorragend charakteristisches Specificum 
der Kabbalah. Hiezu kommt der Umstand, dass die eine 
der zehn Sephiroth, die NNEN, dem 827 0718 der Mandäer 
entspricht, und ferner, dass wir in der Bezeichnung des 
Mittlers bei den Mandäern (N'%0D78D NT2N2) und in der 
Kabbalah (}%7p DS) eine fast wörtliche Uebereinstimmung 
gewahren. 

Was nun die Bildung der Engelnamen betrifft, so 


Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen, I 


weichen unsere Inschriften in der Methode sowohl von der 
des Talmud als auch der des Mandaismus ab, während 
die beiden letzteren darin vollkommen miteinander über- 
einstimmen (vgl. oben S. 8). Wir können daher mit 
einiger Berechtigung die Kabbalah als eine Weiterent- 
wicklung des in diesen Inschriften keimartig enthaltenen 
Ideen- und Vorstellungskreises betrachten. Wenn auch 
die Kabbalah im Laufe der Zeit die Beschäftigung mit 
metaphysischen Problemen mit in den Kreis ihrer Be- 
trachtung zog und zu einer Art Religionsphilosophie wurde, 
so hat sie doch trotz des hohen Aufschwunges, den sie 
später genommen hat, trotz der weiten Entfernung von 
ihrem Ursprunge, einen erkennbaren verwandten Zug mit 
jenen beibehalten. Schon Reuss macht (Artikel Kabdalah 
bei Hzrzoc-PLiTT) die richtige Bemerkung, „dass praktischer 
Aberglaube, Beschwörung, Magie mit in die Geschichte 
der Kabbalah hineingezogen werden dürfen‘. Die rich- 
tige Auffassung des Entwicklungsbegriffes als eines Auf- 
steigens vom Niederen zum Höheren erfordert es anzu- 
nehmen, dass dies in ihren ersten Anfängen geschah. 
Bekanntlich zerfällt die Kabbalah in eine theoretische und 
eine praktische; die letztere würde mithin die Grundlage 
und den Ausgangspunkt der ersteren bilden. 

Damit stimmt die Thatsache überein, dass wir in der 
Geschichte der jüdischen Litteratur zuerst der praktischen 
Kabbalah begegnen, und zwar ist R. Hai Gaon der erste, 
der ihrer Erwähnung thut (vgl. Orient. Litteraturblati 1845, 
p- 195). Ich begnüge mich mit dieser kurzen Andeutung 
und beschränkte mich auch auf den Hinweis weniger Bei- 
spiele, die sich bei einer eingehenden Vergleichung zwischen 
dem Mandaismus und der Kabbalah zweifellos bedeutend 
vermehren liessen, da hier nicht der Ort ist, diesen Punkt 
erschöpfend zu behandeln. Für meinen Zweck genügt es, 
die Aufmerksamkeit der Fachgelehrten darauf hingelenkt 
zu haben, und ich stelle es ihrem Urteile anheim, ob da- 
durch in das Dunkel der Entstehungsgeschichte dieser 


12 Jos. Wohlstein 


Greheimwissenschaft einiges Licht fällt. Nur einen Punkt 
möchte ich noch berühren, der für den Entwicklungsgang 
der Kabbalah von Interesse ist, dass nämlich statt der 
in den folgenden Texten so häufig gebrauchten Worte 
ea mn in der späteren Kabbalah 'IsDp m auftritt. 
Dieser Namenswechsel ist recht bezeichnend. Es ist darin 
offenbar das Bestreben zu erkennen, den Ursprung der 
Dämonen, dessen Spuren in dem Namen „böse Geister“ 
deutlich zu erkennen ist und dessen Entstehen nur im 
Parsismus und mittelbar im Mandaismus erklärlich ist, zu 
verwischen. 

Soviel über den Inhalt dieser Inschriften, die Schreiber 
und die Zeit ihrer Abfassung und deren mögliche Ver- 
wertung zur Aufhellung eines dunklen Punktes auf dem 
Grebiete der Religionsgeschichte der Kabbalah! 

Es erübrigt noch eine Frage, die mehr mit Hilfe der 
Phantasie als des Verstandes beantwortet wurde, woraus 
sich die Menge von Antworten erklärt, die sie von den 
verschiedensten Seiten erfahren hat, ohne jedoch bisher 
befriedigend beantwortet zu sein, die Frage nämlich, 
welchem Zwecke eigentlich die Schalen dienten. Darauf 
wurde entgegnet, dass Wasser oder eine andere Flüssig- 
keit hineingeschüttet wurde, um von dem Patienten ge- 
trunken zu werden (Lavarvp, Nineveh and Babylon p. 511). 
Die Widerlegung dieser Ansicht bieten die Inschriften 
selbst und deren Deutlichkeit und Lesbarkeit, die unmög- 
lich in dem Grade vorhanden sein könnten, wenn die 
Schalen zu einem derartigen Gebrauche gedient hätten; 
die Buchstaben müssten in diesem Falle verlöscht und ver- 
wischt sein und würden keinesfalls — ausgenommen, wir 
wir glaubten selbst an die Zauberkraft dieser Amulette — 
so frisch und unversehrt erhalten geblieben sein. LAvArD, 
der die Haltlosigkeit dieser Hypothese nachwies, gelang 
es nicht, eine bessere an ihre Stelle zu setzen. Denn diese 
Amulette mit Ausnahme von Nr. 2414, wofür die Ansicht 
Lavarp’s zutrifft, das aber auch in eine ganz andere Kate- 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen, 3 


gorie gestellt werden muss und mit den andern Amuletten 
offenbar nichts gemein hat, bezeichnen sich selber als 
NMIDN „Heilmittel“, auch werden darin einzelne Krank- 
heiten namhaft gemacht, gegen welche sie angewandt 
werden sollen. Damit aber fällt die Annahme, wonach 
sie Zaubermittel wären, die dem Toten mitgegeben wurden. 
“ Ebensowenig befriedigt aber auch die von M. A. Levy 
aufgestellte Vermutung, dass diese Inschriften blos den 
allgemeinen Zweck gehabt haben, die Dämonen aus dem 
Hause zu bannen. Denn damit ist die eigentliche Frage 
noch immer nicht gelöst. Hätte das blosse Nieder- 
schreiben der Formel schon genügt, um den beabsichtigten 
Zweck auch wirklich zu erreichen, so erscheint es uns um 
so unbegreiflicher, warum hierzu eine Schale gewählt 
werden sollte, die beim Schreiben gar keine Vorteile, 
sondern im Gegentheil erhebliche Schwierigkeiten bietet. 
Auch von Hyvernxart a.a. O. wird zur Lösung dieser Frage 
ein Versuch gewagt, aber als verfehlt wiederum aufge- 
geben. 

Die Erfolglosigkeit aller bisherigen Versuche erklärt 
sich daraus, dass die Lösung der Frage auf subjectivem 
Wege gesucht wurde, während doch auf eine solche Frage 
nur die Quellen selbst Antwort geben können. Wenn uns 
nun auch keine solchen aus jener Zeit zu Gebote stehen, 
so sind doch in der Kabbalah nebst vielem Neuen auch 
einige Reste sehr alten Aberglaubens erhalten geblieben, 
die uns über manches Dunkle und Rätselhafte Aufschluss 
zu geben vermögen. So findet sich im Buche Raszel, eines 
freilich nicht sehr alten kabbalistischen Werkes, eine Stelle, 
die auf obige Frage eine einigermassen befriedigende Ant- 
wort zu geben vermag. Kein Zauberwerk, heisst es dort 
P- 32, kann ohne Zuhilfenahme eines Gefässes vollbracht 
werden. Begründet wird dieser Satz allerdings sehır 
schwach und zwar mit dem Hinweise auf den Vers „37 
on 2y buy 2277 Jesaia XIX, ı, in welchem das Wort 
37 dem Zahlenwerte des Wortes '53 entspricht. Diese 


7 


u 


14 Jos. Wohlstein 


Motivierung ist freilich jüngeren Ursprungs und hat das 
echte Gepräge der späteren kabbalistischen Methode. Dies 
hindert uns jedoch nicht anzunehmen, dass die Anschau- 
ung selbst älteren Ursprungs ist, und es ist nicht unwahr- 
scheinlich, dass dies der Grund gewesen, der die Exor- 
zisten bestimmte, um dem Zauberbann wirksam zu be- 
gegnen, dieses Merkmal zu wählen und ihre Exorzismen 
auf Schalen niederzuschreiben. Etwas Bestimmtes lässt 
sich aber hierüber nicht sagen. 

In Bezug auf das Alter dieser Inschriften ist bereits 
erwähnt, dass sie alle der gleichen Zeit und zwar wahr- 
scheinlich dem siebten Jahrhundert angehören. Das Ar- 
gument, welches von Erris ins Treffen geführt wurde, um 
denselben ein recht hohes Alter beizulegen, weil sie näm- 
lich ohne Punktation geschrieben sind, bedurfte kaum 
einer Widerlegung, wie der M. A. Levy’s a.a. O. p. 474, 
da es ja allgemein bekannt ist, dass „die Gewohnheit ohne 
Vokalzeichen zu schreiben sich bis auf den heutigen lag 
bei den Juden erhalten hat“. Dieser Einwand fällt jedoch 
weg, wenn darauf hingewiesen wird, dass Worte wie 
mmw2 nach 3, N257NN nach dem ersten N matres lec- 
tionis haben. Denn es lässt sich wohl annehmen, dass 
von der Zeit an, wo die Vokalzeichen eingeführt wurden, 
diese Schreibung aufhörte und gänzlich ausser Grebrauch 
kam, gleichviel ob das betreffende Schriftstück mit oder 
ohne Punktation geschrieben war. Doch ist diese An- 
nahme viel zu unsicher, um darauf eine feste Behauptung 
stützen zu können. Auch der Umstand, dass das D in der 
talmudischen Zeit dieselbe Form hatte wie in diesen In- 
schriften, ist für ihre Zeitbestimmung nur von problema- 
tischem Werte. Die Stelle, aus welcher dies hervorgeht, 
lautet im Talmud, Sabd. 1oga: MT MEN ID NHYD 'ND 
van „Weshalb ist die Vorderseite des Koph abgewandt 
vom Resch?‘ Diese Frage ist nur dann verständlich, 
wenn die Form des Buchstabens in der talmudischen Zeit 
diejenige war, welche wir in unseren Inschriften vorfinden. 


Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen. 15 


Doch wer vermöchte die genaue Zeitgrenze beider Formen 
anzugeben? Jedenfalls dürfen wir die Abfassung der In- 
schriften nicht weit vom Abschlusse des Talmud entfernen. 
Es ist auch darauf hinzuweisen, dass in der talmudischen 
Zeit zweierlei Formen des N im Gebrauche waren, eine, 
mit Inkem offenem Fuss und eine, in welcher der linke 
Fuss bis zur Horizontallinie emporragt; letztere wurde 
stets von den DWPYT, den sorgfältigen Schreibern ge- 
braucht (Menachoth 29b). Der Umstand, dass diese Form 
auch in unseren Inschriften erscheint, lässt sich vielleicht 
als Zeichen für die Correktheit und Sorgfalt, welche die 
Schreiber bei ihrer Thätigkeit beobachteten, anführen, wo- 
durch einerseits ihr paläographischer Wert wesentlich er- 
höht wird und wir andrerseits in der Annahme der oben 
gegebenen Zeitbestimmung bestärkt werden. 

Was die Anordnung der folgenden Texte betrifft, so 
habe ich mich nicht von einem bestimmten Prinzip leiten 
lassen können, da die Inschriften aller Wahrscheinlichkeit 
nach gleichzeitig sind, demnach eine chronologische Auf- 
einanderfolge ausgeschlossen ist, und da auch ihr Inhalt 
im Wesentlichen der gleiche ist, mit Ausnahme von Nr. 2417, 
das, wie bereits bemerkt, eine ganz isolierte Stellung ein- 
nimmt und daher an’s Ende gesetzt wurde. Die Nummern 
an der Spitze der Texte beziehen sich auf die Signaturen 
des Königlichen Museums. 


Herrn Greheimerat Prof. Dr. Sacnau erlaube ich mir 
auch an dieser Stelle meinen aufrichtigen Dank für die 
vielfache Anregung auszusprechen, die er dieser meiner 
Erstlingsarbeit hat zu Theil werden lassen. 


16 Jos. Wohlstein 


Nr. 2422. 


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mind... mDn7 02107 


Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen, 17 


Dia) pr jaon (Poren 
N37 PTR) Pay2D8 

ONDı 92lar Jos 72) 

ma (2720 897 NPIDEND) 
Spas ma PITDR DN) 
ann On) ID) TIIDDNN 
ce 278 Y2Hn8 2 
a) ÖNDDWw 12) NND) 

m) NMDEN 10) NNDOWN 
mDD TaN ION WI Dymn 92 


Anmerkungen zum Originaltexte. 


ı) Wird wohl so genannt im Gegensatz zu einem 
rationellen Heilmittel, da hier die Heilung der Krankheit 
nicht auf natürlichem Wege, sondern durch die Thätigkeit 
himmlischer Mächte erwartet wird. Es wird diese Voraus- 
setzung und Versicherung sogar notwendig, da der Volks- 
glaube bekanntlich an allen Orten einen Unterschied 
zwischen Beschwörungen und Heilungen durch die Ver- 
mittlung und Mitwirkung heiliger und unheiliger Mächte 
machte. Letztere werden im Talmud 78»107 nnWw ge- 
nannt. Auch Paracelsus äussert sich in ähnlichem Sinne: 
„Dieweil aber sie selbst nit sondern ihre Amptleut den 
stand vertraten, da erfuhr ich, dasz derselbigen Artzney 
nicht himmelisch sondern Bübisch war‘; Grosse Wund- 
artzney 1ll Teil fol. ı7. Für die Talmudstelle s. Sanh. gıa 
(die Geschenke Abraham's). 


2) Die Buchstaben 7 und 7 sind durch Verlängerung 
der Horizontallinie mit einander verbunden. 


3) Dieses Wort ist wahrscheinlich eine Verschreibung 
des nächstfolgenden. 


“ 


4) Die mandäische Theologie kennt eine ganze Reihe 
von Wesen, die böse sind von Anfang bis in Ewigkeit, 
darunter auch die s’@'n. Den Ursprung dieses Wortes 
erklärt NorLbek£e, Mand. Gr. S.76 Anm. ı folgendermassen: 


18 Jos. Wohlstein 


„Die Mandäer sehen die Zauberwirkung gewisser Gegen- 
stände in den sie bewohnenden Dämonen und benennen 
diese gradezu mit dem Namen jener; so brauchen sie 
NN2Yy „Altäre* ... und 8Din... „Kügelchen, Wirbel“ ... 
als Namen gewisser böser Geister.“ 


5) Dieses Wort in der Bedeutung „Fürst“ begegnet 
uns auch im Talmud Zes. ıııa: HT ID. 


6) Unter 300 wird gewöhnlich die verführerische Macht 
verstanden, die den Menschen zur Sünde verleitet. Es 
verbindet sich mit diesem Worte aber auch der Begriff 
eines quälenden Plagegeistes; s. DirrLmann, Commentar 
zum Buche Henoch, Leipzig 1853, p. 147. Im Buche Iob 
wird die Wirksamkeit des Satans nach beiden Seiten hin 
dargestellt. Dass dieses Wort, wenigstens in der Bibel 
und ursprünglich, keine Nachbildung des persischen Ahri- 
man ist, beweist Reuss, Geschichte des Alten Testaments 
ze M0l., D: 497. 


7) Der vorletzte Buchstabe dieses Wortes ist nicht 
deutlich geschrieben und hat durchaus keine Aehnlichkeit 
mit 7, vielmehr mit N, was aber keinen Sinn geben würde. 


8) Fehlt das vw. 


9) Nach Frazrnker (W.Z. f. d.K.M. 1893, p. 79) ist 
dieses Wort 72127 zu lesen, was auch mir wahrschein- 
licher erscheint. Vgl. unten die Inschrift Nr. 2410. 


10) FRAENKEL a. a. O. liest dieses Wort: pm. Gegen 
die Richtigkeit dieser Lesung ist jedoch einzuwenden, dass 
das 3 in dieser Inschrift gar keinen Kopf hat, während 
hier der zweite Buchstabe oben eine horizontale Linie hat; 
die Form desselben ist ungefähr diese: pP, und es hat den 
Anschein, als hätte der Schreiber ein > durchgestrichen. 
Auch kann ich den letzten Buchstaben nicht für 7 halten, 
weil dieser ebenfalls in dieser Inschrift eine andere Form 
hat; vielmehr ist hier [7 und ‘]) die aram. Pluralendung 
zusammengezogen genau wie im Worte 7'DN vor WIN By 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 19 


ır) Zwischen ' und 7 fehlen ein oder zwei Buchstaben. 

ı2) Ueber die Lesung dieser schwierigen Stelle siehe 
unten S. 338. 

ı3) Hier fehlen zwei oder drei Buchstaben. Möglich 
ist zu lesen: NIS} un» mn „der Geist des Todes und des 
Fluches“. Letzteres Wort findet sich auch in der Inschrift 
Nr. 2426. 

ı4) Das 3 fehlt. 

ı5) An dieser Stelle folgt dem 2 als Hilfsvokal ein , 
in dem darauffolgenden Worte mw aber fehlt ein solcher. 
Es scheint, als genüge es den Schreibern, die richtige 
Lesung eines Wortes durch Setzung einer zmater lectionts 
ein für allemal anzudeuten. 


ı6) Vor dem 7 ist ein Tintenfleck, wodurch dieser 
Buchstabe die Form eines Ö erhält. Doch wird die Richtig- 
keit der Lesung durch das vorhergehende YPNWT sowie 
auch durch den Zusammenhang bestätigt. 


17) Fehlen ungefähr drei Buchstaben, möglicher Weise 
107, das dem Worte In>% entspräche. 


18) DW heisst im Mandäischen „Name“. Ebenso im 
Targum und Talmud; s. Giztin 79b: mww mabn Dieb ana 
MIN. 

19) Dieses Wort ist wahrscheinlich "272% zu lesen 
und vom Stamme "> „umgeben“ abzuleiten. 

20) Der Text gestattet die Lesung: DOWN HDD 
wären diese Worte: „heile und lindere (beruhige)* zu 
übersetzen. 


21) Hier fehlen einige Buchstaben; wahrscheinlich 
lautete die Stelle: 985 In. 


Uebersetzung. 

In deinem Namen!) mache ich ein himmlisches Heil- 
mittel?) dem Achdebuj3), dem Sohne der Achathabu aus 
Dajthos!) mit dem Erbarmen des Himmels. Amen, Amen, 
Selah. Gebunden, gebunden, gebunden sollen sein alle 


20 Jos. Wohlstein 


männlichen Gespenster), und die weiblichen Istharten und 
die bösen Geister, Mächte der Widersetzlichkeit, die Fürsten 
des Versammlungshauses°), die Satane alle, von West und 
Ost, von Nord und Süd. Gebunden, gebunden sollen sein 
alle bösen Zauberer’) und alle, die Gewaltthaten verüben 8 
Grebunden und versiegelt®) alle Verbannungen'°) und Ver- 
fuchungen, Beschwörungen'') und Verwünschungen. Ge- 
bunden seien die Engel des Zornes'?), die Engel des Ver- 
sammlungshauses und des Irrtums, ihr alle, die gewaltigen 
Fürsten und die harten Fürsten, die zahllosen Krankheiten 
und Leiden’), der Abscess*), die Hautflechte, die Meta- 
morphose'5), die Krätze, ....., der Ausschlag, schlechte 
Flüssigkeit, eiternde Brandwunden und die Flut, die fliesst 
aus dem . .?'°) in den Körper'’), der Geist der Gräber- 
stätte, der Geist der Toten, der Geist der Krankheiten 
und der Gespenster, der Geist der Gespenster und der 

Gebunden und versiegelt sollet ihr alle sein vor 
Achdebuj, Sohn Achathabu’s. Gehet und entfernet euch 
auf Berge und Höhen und auf das unreine Vieh'®)! Wenn 
ihr am ersten des Nissan'®) kommet, gehet weg von 
Achdebuj, Sohn Achathabu’s im Namen Gabriels, der ge- 
nannt wird Elpassas”), und im Namen des Michael, der 
genannt wird Demuthja, und im Namen Elbenmez und im 
Namen Elbabaz. Beim grossen Kidron‘) und Man Amen. 
Die Fliegen des Brandes...) dass sie ihn nicht umgeben, 
und wenn sie ihn umgeben, sei dieses heilsame Werk, 
dieser Anblick eine Heilung und Beruhigung; verschaffet 
Ruhe dem Achdebuj, Sohn Achathabu’s von allen Bann- 
flüchen, Verfluchungen, Beschwörungen und Verwünsch- 
ungen, von Aussatz und von allem Bösen! Amen, Amen, 
Selah. 

Commentar. 

ı) Eine Anrufung Gottes, in dessen Namen und mit 
dessen Beistand der Schreiber den Akt der Geisterbeschwö- 
rung vornehmen will. Dieselbe feierliche Einleitung findet 
sich auch auf einer anderen Schale (Nr. 2434) mit reinem 


Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen. 21 


und deutlichem Schriftcharakter, die aber nur als Bruch- 
stück erhalten ist. 

2) Cuworson, Corpus inscrr. Hebrr. will in diesem Aus- 
druck, der das unmittelbare Eingreifen himmlischer Mächte 
bedeutet, heidnischen Ursprung erkennen. Doch s. oben 
Ber alt. 

3) Ein in Babylonien sehr gebräuchlicher Name. Es 
werden auch einige Gresetzeslehrer im babylonischen Tal- 
mud so genannt: Chullin ı1ı3b u. a. a. OÖ. Der Sinn ist 
offenbar: „der Bruder seines Vaters*, 7287 MS, während 
der zweite, ein Frauenname, die „Schwester des Vaters“ 
bedeutet. 


4) Dieses Wort kann wohl ein nomen gent. bilden. 
Es ist jedoch viel wahrscheinlicher, dass es ‘DN‘57 zu lesen 
ist. In diesem Falle muss diese Stelle „der geheilt werden 
möge mit der Barmherzigkeit Gottes“ u.s. w. übersetzt 
werden. Dieselbe Formel findet sich auch in der Inschrift 
Nr. 2426: now wrnn2 »DN’>= und bildet den Schluss eines 
dem Beschwörungsakte vorangehenden Monologes. 


5) Im Syrischen hat dieses Wort die Bedeutung 
„G@ötze“, und es ist genügend bekannt, dass eine grosse 
Anzahl von Dämonennamen ursprünglich einen derartigen 
Sinn hatte. Die, welche einst als Götter verehrt und an- 
gebetet wurden, sind später zu verderbenbringenden 
Mächten, zu Dämonen degradiert worden: Baruch IV, 7; 
_XX zu Deuteronomium 32, ı7 und Psalm 06, So rln 
diesem Sinne hat die Sage von den gefallenen Engeln ihre 
volle Berechtigung. Die Worte 727 'ı>2'N5 finden wir auf 
der Inschrift einer Schale, die Cuworson a.a.O. p- 1IO 
anführt. Er deutet sie dort, von "nd „zerstören“, als 
„zerstörend wirkende Dämonen‘, ÖSNAMD’YS; doch ist die 
Annahme viel wahrscheinlicher, dass dieser Dämon mit 
der altbabylonischen Gottheit der Isthar identisch ist. 


6) Wie weiter unten ersichtlich, ist diese Beschwörung 
zur Heilung eines mit dem Aussatze Behafteten angefertigt 


22 Jos. Wohlstein 


worden. Die epidemische Wirkung dieser im Orient mit 
furchtbarer Gewalt und verheerender Kraft auftretenden 
Krankheit zeigte sich am stärksten in Räumen, die zu 
Öffentlichen Versammlungen dienten. An solchen Orten 
hielt sie eine nur allzu reiche Ernte und verbreitete sich 
oft durch Ansteckung auf den grössten Teil der An- 
wesenden. Daher die Annahme, dass es besondere Mächte 
seien, die an diesen Orten eine unheilvolle, verderben- 
bringende Herrschaft ausüben. Ebenso legen die Chaldäer 
gewissen Winden, deren glühender und ungesunder Hauch 
in Verbindung mit den besonderen klimatischen Verhält- 
nissen Chaldäa’s die Entwicklung und Verbreitung vieler 
Krankheiten begünstigte, Geister bei, die sie ‚an sich 
selbst böse Geister“ nennen; s. LENORMANT a.a. O. 93% 
Diese Annahme verliert aber durch das folgende sM1yV) 
an Wahrscheinlichkeit; denn statt dessen wäre 285%) 
NMYOT zu erwarten, da dieses Wort ein selbständiges, 
von dem vorhergenannten völlig getrenntes und unab- 
hängiges Gebiet ausdrückt. Es ist daher wahrscheinlich, 
dass ein Schreibfehler vorliegt: der erste Buchstabe ist 
nicht ein Waw copulativum, sondern ein Daleth genetivi. 
Dazu ist zu bemerken, dass im Mandäischen 878, das 
unserem Worte entspricht, „Götze“ bedeutet (NOELDEKE 
a.a. OÖ. p. 145). Der Sinn der Stelle wäre demnach: „Die 
Engel des Versammlungshauses des Götzen“, womit die 
heidnischen Tempel gemeint sind. In der Uebersetzung 
hielt ich mich an den Originaltext. 

7) Oder auch deren schädliche Wirkungen. Auch in 
den ältesten Beschwörungsformeln der Chaldäer, die in 
akkadischer Sprache abgefasst sind, werden Zaubereien 
gleichzeitig mit den Dämonen und Krankheiten genannt; 
es werden entweder die Zauberer selbst oder deren Wir- 
kungen verbannt (LEnoRMANT, Magte p. 69). 

8) Die Werke der Zauberei und der Schwarzkunst 
werden von den Chaldäern unter andern verächtlichen 
Bezeichnungen auch „das Gewaltsame“ genannt (LENORMANT 


Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen. 25 
ib. p. 79). Demselben Ausdrucke begegnen wir im Buche 
Henoch; s. DıLımann, Commentar cap. 15 V.II. 

Die Worte ‘29% und wm kommen in diesen In- 
schriften noch mehrmals vor: Beide zusammen: Nr. 2416, 
Z2. ı0. 12. ı8; wAn allein ibid. Z. ı; wann und T721Y ibid. 
Z. 20 und 30; einmal kommt 'wn mit ’ı2P vor. Es lässt 
sich jedoch aus den angeführten Stellen nicht mit Sicher- 
heit feststellen, ob sie im konkreten oder abstrakten Sinne 
zu nehmen sind. In Nr. 2416, Z. ı, wo 'wn allein steht, 
ist es unzweifelhaft ein Abstraktum, doch weiss ich nicht, 
welche Form das sein sollte. Bei "21% könnte man an ein 
Part. pass. Pael denken. Dagegen würde das Wort als 
Konkretum gefasst Schwierigkeiten machen. 

9) Diese Phrase ist mandäischen Ursprungs und 
findet sich im Oolasta (Stuttgart 1867) 16, 9: NA’AM STDY 
SNNAWI von. Dass die Dämonen durch Versiegelung 
unschädlich gemacht werden, wird auch in der Asmedai- 
sage des Talmud erwähnt, Gzi#n 68b. 

10) Harz£vr übersetzt die Worte 7) und nnobus 
durch engagement mit dem Hinweis auf den Talmud, der 
unerfüllte Gelübde und Versprechungen als Ursache zahl- 
reichen Familienunheils angibt. Zur Erhärtung dieser Er- 
klärung könnte auf eine ähnliche Erscheinung in der 
hebräischen Sprache hingewiesen werden, nämlich auf das 
Wort ?1Y, dessen eigentliche und ursprüngliche Bedeutung 
„Sünde, Unrecht“ ist; es dient aber zugleich auch zur 
Bezeichnung der daraus entstehenden Folgen und kann 
daher auch mit „Unheil“ übersetzt werden. Es muss je- 
doch zugegeben werden, dass dieser Vergleich etwas hinkt, 
da es sich dort um Begriffe allgemeiner Natur handelt, 
während hier ein ganz bestimmter, spezieller Fall, der als 
Ursache angenommen wird, zugleich zur Bezeichnung einer 
Wirkung dienen soll, die nicht gleich determinierten Cha- 
rakters ist. Warum sollte ferner gerade dieses Vergehen 
als Benennung für Unheil gewählt werden, da doch auch 
bei andern ähnliche Strafen angedroht werden ? Ich glaube, 


24 Jos. Wohlstein 


dass das Wort ‘971 hier in dem Sinne von „Bann“ zu 
nehmen ist, wie es sich in dieser Bedeutung auch im Tal- 
mud Sankı. 68a findet: 7 ann mn ann „der Bann 
sei gelöst‘, indem die verschiedenen Synonyma für „Ge- 
lübde, Versprechungen“ in diesen Beschwörungsformeln 
in der übertragenen Bedeutung „Bann“ gebraucht werden. 
In der Ihat gehen diese Begriffe leicht in einander über, 
und bei jedem Zauberakte wurde irgend ein Gelübde von 
dem Zauberer gethan, damit das Werk gelänge. ınubwn 
dürfte einen ähnlichen Sinn haben; vielleicht ist das Sy- 
rische alx..< „überliefern‘ zu vergleichen; also: die Ueber- 
lieferung in die Gewalt des Zauberers oder des Zaubers, 
aus welchem zu befreien der Zweck dieser Beschwörung 
ist. Das Wort unbbn,, das sich in unserer Inschrift nicht 
findet, ist nebenbei gesagt nichts anderes als „Worte“, da 
ein ausgesprochenes „Wort“ des Schwarzkünstlers schon 
genügt, um den Zauber zu bewirken (LENoRMANT ibid. 
Po72). 

ı1) Die Etymologie dieses Wortes ist sehr zweifel- 
haft; doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass es von ale’ 
„klopfen“ abstammt, aber nicht den Begriff dieser Hand- 
lung, sondern einen dieselbe begleitenden Nebenumstand 
ausdrückt. Denn bekanntlich gingen in der Regel dem 
Zauberakte (seräuscherregungen voraus, wodurch die Auf- 
merksamkeit der erforderlichen Geister wachgerufen und 
deren Mitwirkung erlangt wurde. Noch einleuchtender 
dürfte diese Etymologie werden durch den Hinweis darauf, 
dass das Wort NnB1pW im Mandäischen einfach „Schlag“ 
bedeutet, was unwillkürlich an unser Wort „Zauberschlag“ 
erinnert. 

ı2) Im Talmud Dada bathra 16a wird die Ihätigkeit 
des Satan dahin zusammengefasst: 737%) map mpno) 70° 
„er steigt hernieder, den Menschen zur Sünde und zu 
bösen Handlungen zu verführen‘. Hatte er seine Absicht 
erreicht, war der Mensch zu schwach, der Verführung 
hinreichenden Widerstand zu leisten, dann trat er als An- 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 25 


kläger vor den Weltenrichter, um den göttlichen Zorn 
gegen den Schuldigen zu erwecken. 

ı3) Hier folgt eine ganze Reihe verschiedener Arten 
und Formen, vielleicht auch Graden des Aussatzes, von 
denen jeder einzelne eine besondere Bezeichnung hat. 
Manche treten nur selten in Europa auf und nehmen nie 
den bösartigen Charakter an, welchen sie in der heissen 
Zone haben. Es liegt mir fern, für jeden einzelnen der 
hier erwähnten Namen die entsprechende Krankheitsform 
festzustellen; ich verweise statt dessen auf I[rusen’s Sziten, 
Gebräuche und Krankheiten der Hebräer, Breslau 1853, 
wo die Arten dieser im Orient sehr häufig auftretenden 
Krankheit angeführt und ausführlich beschrieben werden. 
Ueber eine ähnliche, in den babylonisch-assyrischen Keil- 
inschriften erwähnte Krankheit s. LENORMANT ib. p. 5. Im 
lalmud herrscht bezüglich der Zahl der Formen oder rich- 
tiger der Erscheinungen (D’y}3 NND) des Aussatzes eine 
Meinungsverschiedenheit zwischen Rabbi Dosa und Rabbi 
Akabja; nach Ansicht des ersteren gibt es deren sechs- 
unddreissig, während der letztere die doppelte Zahl an- 
nımmt. 

ı4) Eigentlich etwas „Rundes, Kreisförmiges“, von 
"72 „umgeben“, hier aller Wahrscheinlichkeit nach in der 
Bedeutung eines Geschwüres oder Abscesses. Der Aus- 
druck 8n>272 mNnsı3 „wildes Fleisch“ findet sich im Tal- 
mud Dada Rama p. 85a; das Wort kann jedoch auch 
N2'27 gelesen werden, was dem syrischen aa» „Krätze‘ 
entsprechen würde. 

15) Zur Erklärung dieses Wortes will ich einige Worte 
Irusen’s a. a.O. p. 167 wiederholen, mit welchen er die 
lepra elephantiasis tuberculosa schildert: „Mit dem Ausbruche 
der Krankheit wird das Ansehen des Kranken durch eine 
erdfahle, dunkle Gesichtsfarbe fürchterlich entstellt, die 
Augenlider schwellen odematös an, werden runzlig und 
knollig, die wirkliche Form des Auges wird rund, der 
Blick stier, wild, matt, das Gesicht aufgeschwollen, die 


26 Jos. Wohlstein 


Haut an der Stirne gespannt, glänzend, knollig, die Kopf- 
und Barthaare, sowie die Augenbraunen färben sich, 
werden weiss, wollig, fallen aus und die Sehkraft ver- 
ändert sich. Besonders der Fuss wird so sehr entstellt, 
dass er einem Elephantenfusse ähnlich wird.“ Diese Schil- 
derung berechtigt uns wohl zu der Annahme, dass das 
Wort sn'’227 „Verwandlung, Entstellung“ diese Krank- 
heit mit ihren fürchterlichen Folgen und Begleiterschei- 
nungen bezeichne. Es dürfte vielleicht der Hinweis auf 
Iob’s Klage, dass niemand von den Seinen ihn erkenne, 
geeignet sein, diese Behauptung zu stützen. 

ı6) Diese Worte spotten jeder Analyse und Erklä- 
rung. Vielleicht ist der Ausdruck ein Analogon zu dem 
„Urwasser“, das den Samen der Männer und den Embryo 
der Frauen reinigt. Als Urquell des Segens und der 
Reinheit wirkt es segnend und reinigend überall, wohin 
es dringt (Winnischmann, Zoroastrische Studien, Berlin 1863, 
p. 215). Wo ist aber die Quelle des Urwassers? Aller- 
dings nicht in der Welt der Wirklichkeit. Warum soll 
es dort nicht auch eine zweite Quelle geben, dachte die 
Volksseele der Chaldäer, aus welcher sich ein Strom über 
die Erdenkinder ergiesst, der das Gegenteil von jenem 
bewirkt: feuchte Geschwüre, Eiterungen und dergleichen 
mit sich führt und in den menschlichen Körper bringt. 
Ich vermute: 87382 782 75 SYS SEN „das Meer, welches 
fliesst vom Orte des Truges in den Körper“. 

17) Das Wort NM heisst sonst nur: „Leichnam, 
toter Körper“, doch wird es in einer anderen Inschrift 
unzweifelhaft in dem Sinne von „Körper, Leib“ ge- 
braucht, da es dort als synonym mit N81) verwandt wird: 
Nr. 2416, Z. 13 lautet: NOW MTMS2; ebendaselbst Z.23 und 
7. 2 steht als adäquater Ausdruck: MAIN MEN. Ferner 
7.16: NDNN 38 von einem lebenden Menschen gesagt. Da- 
gegen kommt das Wort ın seiner gewöhnlichen Bedeutung 
7.20 vor. Auch im Mandäischen wird es zuweilen im 
ersteren Sinne gebraucht; s. NOELDEKE, Mand. Gramm. p.479. 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 27 


18) Um die dämonischen Mächte vollständig unschäd- 
lich und ihre Wiederkehr unmöglich zu machen, weist 
ihnen der Beschwörer bleibende Aufenthaltsorte an, wo 
sie für immer festgebannt werden; als solche gebrauchte 
man auch die unreinen Thiere. Eine Parallele findet sich 
im Neuen Testament (Matth. 8, 28; Marc. 5, ı2; Luk. 8, 32). 

ı9) Im dritten Teile des Midrasch Conen, der einen 
Ueberrest der Kosmogonie der ältesten Essäer enthält, 
wird der Monat }D1 HENPN, Nissan als besonders günstiger 
Moment bezeichnet, die }'7'tD (schädlichen Dämonen) zu 
bekämpfen; denn die Macht der guten Geister wird um 
diese Zeit gestärkt, und sie sind daher mehr als sonst in 
der Lage, die Kräfte der schädlichen Geister zu brechen; 
siehe JELLINER, Beth hammidrasch 11. T., S. 37 (Leipzig 1853) 
Diese Zeit galt natürlich als besonders geeignet für Dä- 
monenbeschwörungen, und es ist kaum zu bezweifeln, dass 
dann die Hilfsbedürftigen scharenweise herbeigeströmt 
kamen, um von ihren Leiden und Qualen erlöst zu werden. 
Um nun allen Wünschen gerecht zu werden, mussten die 
Dämonenbeschwörer eine lange Zeit vorher die Beschwö- 
rungen niederschreiben, ihre Wirksamkeit jedoch erst um 
die betreffende Zeit in Kraft treten lassen, wie es hier 
geschieht mit den Worten N'NN 7D12 MI DN. 

20) Der Name DDE>N dürfte die Bedeutung einer zer- 
störenden, trennenden Macht haben von 553 „trennen“, 
daher Todesengel, der den Geist vom Körper trennt. Im 
Mandäischen hat das Wort noch den weiteren Begriff‘ 
„zerstören, was hier noch zutreffender wäre (NoELDERE 
p- 126). Dieselbe Thätigkeit wird übrigens auch Gabriel 
zugeschrieben Sarı. ı9b. Im Talmud wird Gabriel auch 
7pP> genannt Sarhı. 44b, weil sein Urteil am himmlischen 
Gerichtshofe ein abschliessendes ist. Im Zusammenhange 
damit steht vielleicht die Stelle im Midrasch Tanechuma 
Genesis 11, 18 ff., wo der Vers Hiob 25, 2: my “na Swan 
YONn2 Dymw Ey angeführt wird und Bas zweite Wort 
als Bezeichnung für den Engel Gabriel gilt. Soviel aber 


28 Jos. Wohlstein, Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen, 


auch in den Quellen über seine Wirksamkeit berichtet 
wird, so findet sich doch nichts, was eine solche Benen- 
nung rechtfertigen könnte, es sei denn seine Thätigkeit 
als Todesvollzieher. Die Bedeutung der beiden anderen 
hier genannten Engelnamen haben wir möglicherweise in 
den Endsilben zu suchen: yEa2DN ist vielleicht der Engel 
ON57, dessen Nennung wir erwarten dürfen, da es sich um 
die Heilung von Kranken handelt. Dieser Name hat je- 
doch nur eine allgemeine Bedeutung, während der obige 
die Ihätigkeit des betr. Engels spezialisiert durch 9% „aus- 
drücken“ (nämlich Wunden) als Ausdruck für deren Hei- 
lung. Daher heisst er auch im lTalmud SN'TD, weil er die 
Krankheit „weichen* macht: Ber. 5ıa. Der Name des 
dritten Engels, yayıan, könnte von %2 „Hiessen* abzuleiten 
sein, insofern seine Wirksamkeit alles Fliessende, Eiternde 
umfasst. 

21) Substantiva in Verbindung mit dem Adjectiv 827 
sind im Mandäischen häufig: 827 818% 82% SIND, NIS 
u. Ss. w. 

22) Metaphorisch für die verschiedenen Arten des 
Aussatzes. 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen, 


Nr. 2416. 


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Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 


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32 Jos. Wohlstein 


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Anmerkungen zum ÖOriginaltexte. 


Diese Inschrift enthält mehrere Buchstaben, die sich in 
der Form von den gewöhnlich gebräuchlichen wesentlich 
unterscheiden. Diese sollen hier in alphabetischer Reihen- 
folge angeführt werden. Bei manchen Formen herrscht 
überdies ein Schwanken, während andere Buchstaben ihre 
Gestalt unverändert behalten. 


= 

A 

SjRel 
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dr 
& =» 
):) 


ı) Das 5 ist in diesem Worte nicht sehr deutlich er- 
kennbar; doch kehrt dasselbe Wort am Ende der Inschrift 


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U 


I 


| 
4 


| 
Bra) a va 
N 


| 


| 
RN 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 39 


wieder und zwar mit einem deutlich geschriebenen 5, SO 
dass ein Zweifel ausgeschlossen ist. 

2) Bemerkenswert ist die Schreibung mit x am Ende. 

3) Was in Anm. ı von dem Buchstaben 5 gesagt ist, 
gilt hier vom ganzen Worte. 

a) Dieses Wort ist offenbar fehlerhaft geschrieben und 
muss varıy heissen, wie viermal in dieser Inschrift. 

>) Auffallend ist hier das Jod nach dem Beth, wie 
auch in den Worten MN) P2RNM. 

6) Zu lesen n'27: das Ortsabverbium 2 verbunden 
mit ” relativum. 

7) Der Name dieses Engels wird auch in dem kabba- 
listischen Werke }'yrı NED ed. JerLınek, p. ı2 erwähnt. 

8) Diese Lesung ist nicht ganz sicher; MINN? 

9) Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, 
dass dieses Wort SW zu lesen ist. Sowohl der Zusam- 
menhang als auch die im Texte vorhandenen Spuren be- 
rechtigen zu dieser Lesung. 

ı0) Aehnliche Phrasen finden sich auch S.30, Zz. 25, 
SDANTIPaN) und 9.31, 2,15 (snbanpıT snbann). 

ı1) Die Buchstaben zwischen BD und pn sind zum Teil 
vermischt. 

ı2) Das %W ist nicht ganz deutlich. 

ı3) Hier schliesst die Beschwörungsformel ab. Die 
nachfolgenden Worte sind von den vorhergehenden durch 
eine Kreislinie getrennt, was offenbar darauf hinweist, 
dass die ausserhalb der Linie sich befindenden Worte 
nicht mehr zur eigentlichen Beschwörung gehören. Die 
Vermutung liegt nahe, dass die Nachschrift nichts weiter 
bedeutet als die genaue Angabe, für wen und zu welchem 
Zwecke das NO2)D angefertigt wurde, nämlich für einen 
Mann, der an 8nW3 7\71, „bösem Fluss“ litt. Allein es 
werden darin wieder eine ganze Reihe neuer Engel ange- 


rufen, was auf eine neue selbstständige Beschwörung 
schliessen lässt. 


34 Jos. Wohlstein 


14) Ungefähr drei Buchstaben verwischt. 
15) Einige Buchstaben abgebrochen. 


ı6) Hier fehlen gleichfalls einige Buchstaben, die sich 
jedoch leicht ergänzen lassen; es soll wahrscheinlich heissen: 
IND INT. 

17) Kann auch NP DD gelesen werden, ein Aus- 
druck, der im Sohar ed. SULZBACH, p. 387 wiederkehrt 
und dem oft gebrauchten 1227 8D> entspricht. 


ı8) Vielleicht ist N’ zu ergänzen, wie oberhalb der 
Linie der Schluss lautet. 


Uebersetzung. 


Dies sei ein Mittel‘) zu lösen den Zauber, den Bann,?) 
den Fluch, die Beschwörung,?) die Versprechungen?) und 
die magischen Einflüsse) von Aba, Sohn Barkitha’s*) 
gegen Imi,5) die Tochter Rebeka’s, gegen Lili und Mar, 
die Söhne Imi’s und gegen alle, die sie beschwören. 

Ich beschwöre euch bei den heiligen Engeln und im . 
Namen des Engels Mytatron,°) der da weilet bei Nidriel 
und Nuriel und Chathiel und Sesagbiel und Haphchuel 
und Mehapchiel. Dies sind die sieben Engel,’) welche 
gehen und umkreisen Himmel und Erde, die Sterne und 
Planeten, den Mond und das Meer, dass ihr gehet und 
euch wendet, ihr bösen Zauberer, Verüber von Gewalt- 
thaten, Verbannungen, Verfluchungen, Beschwörungen, 
Versprechungen [oder Preisgebungen], Aechtungen ,?) 
welche sind in dem Hause, an dem Körper und an dem 
Leibe des Aba, Sohn Barchitha’s, dass ihr gehet und 
euch wendet gegen alle, die sie beschwören. Schnell! 
Schnell! 

Im Namen des Azajez?) und im Namen des Jehabjah,'°) 
durch die Schriftzeichen'') TS m I7° 71 beschwöre ich 
euch, ihr bösen Zauberer, Verüber von (Grewaltthaten, 
Verbannungen, Verfluchungen, Beschwörungen, Versprech- 
ungen, ÄAechtungen und Verdammungen, welche sind in 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 35 


dem Hause, an dem Körper und an dem Leibe des Aba, 
Sohn Barkitha’s, dass ihr gehet und euch wendet gegen 
alle, die sie beschwören. 

Und im Namen des Azalel,'?”) des grossen Engels, 
des Engels des Himmels und der Erde). Amen, Amen 
Selah. 

Ferner beschwöre ich euch, ihr bösen Zauberer, Ver- 
über der Gewaltthaten, Verbannungen, Verfluchungen, 
Beschwörungen, Versprechungen, Werke der magischen 
Kunst, die Mächte der Schrecken, welche sind in dem 
Hause, an dem Körper und an dem Leibe des Aba, Sohn 
Barchitha’s, dass ihr gehet und euch wendet gegen alle, 
die sie beschwören. Und im Namen des Jahschmi,'3) Je- 
hoschmi, Ahschmi NS 8 MNN. 

Ferner beschwöre ich euch, ihr bösen Zauberer, Ver- 
über der Gewaltthaten, Verbannungen, Verfluchungen, 
Beschwörungen, Versprechungen, Werke der magischen 
Kunst, welche lasten auf Aba, Sohn Barkitha’s, dass ihr 
gehet und euch wendet gegen alle, die sie beschwören. 

Und im Namen") des Inner (syn mr‘, der auf den 
Cherubim wohnt und im Namen des ‘WNDWOH und im 
Namen des SO) NS, 8, N und im Namen des m} \nY mm 7° 
im ım und im Namen: bs ns mb ron. 

Ferner beschwöre ich euch, ihr bösen Zauberer, Ver- 
über von Gewaltthaten, Verbannungen, Verfluchungen, 
Beschwörungen, Versprechungen, Werke der magischen 
Kunst und jedwedes Böse, welches lastet auf Aba, Sohn 
Barkitha’s, dass ihr gehet und euch wendet gegen alle, 
die sie beschwören und im Namen ... Amen und Amen 


vom heutigen Tage an bis in Ewigkeit. Amen, Amen 
Selah Hallelujah. (rn. 


Dies sei ein Mittel zu heilen den bösen Fluss, der 
haftet an Aba, Sohn Barkitha’s, bewirkt durch Imi, Tochter 
Rebeka’s, dass er fortgehe und hinausziehe von Aba, 
Sohn Barkitha’s, dass ich“) bewundere die Geheimnisse 


4 


36 Jos. Wohlstein 


der Erde und betrachte (die Seiten des göttlichen Wagens)! 
Und nun flieget'?) fort, böser Fluss, Werke der Gewalt 
und des Mutwillens, der Zerstörung und des Verderbens 
und der Vernichtung, der Fluss, den Imi auf ihn geworfen 
hat! Böser Fluss, Werke der Gewalt, des Mutwillens, 
Fluss, gehet hinaus, flieget hinweg von Aba, Sohn Bar- 
kitha’s und gehet gegen jeden, der sie beschwört, auf 
dessen Haus, auf dessen Wohnung, dessen Frau (?)! 

Im Namen Isdamiel, Chenathjahiel, Chanizel, Chachziel, 
dies sind die zehn”) heiligen Engel, die auserwählten (die 
in Scharen mit einander leben), diese sollen vertreiben, 
vernichten, hinausdrängen den bösen Fluss von dem Körper 
des Aba, Sohn Barkitha’s und von den zweihundertacht- 
undvierzig*”) Verbannungen (ihn befreien), mit denen sie 
ihn festgebannt (?).??) 

Und im Namen des Gabriel und Michael und Rafael 
und im Namen des Aniel,2) der da steht hinter der Sonnen- 
kugel, und im Namen des Sikiel und Perakiel und Berakiel 
und Erkhiel, welche dienen vor dem herrlichen Throne 
(dem Wagen) Gottes, welche herrschen im Himmel und 
auf Erden (?). Sie sollen verdrängen, vernichten, hinaus- 
treiben und zum Weichen bringen jedwedes Böse von 
Aba, Sohn Barkitha’s und von den zweihundertachtund- 
vierzig Verbannungen, durch die er festgebannt ist. Im 
Namen Ehjeh M’7S8 WS MS Amen, Amen und im Namen 
Chez Mez°*) [y» yrıl Thez und Kanthiel 717? Amen 
Amen Selah Halelujah. Also sei es dein Wille! 


Commentar. 


ı) Unsere erste Inschrift Nr. 2422 (s. oben S. 16 
und 17) bezeichnet sich als SNYDN, während die vor- 
liegende den Namen NI2D an der Spitze trägt. Es könnte 
scheinen, dass diese Bezeichnungen auf reiner Willkür 
beruhten und promiscue gebraucht werden konnten. Wenn 
wir uns jedoch mit dem Inhalt beider Beschwörungen oder 
richtiger mit den Uebeln, denen sie ein Ende bereiten 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 37 


sollen, bekannt machen, finden wir, dass diese Benennungen 
der jeweiligen Tendenz entsprechen. Der Ausdruck NMDN 
„Heilmittel“ kann nur da angewandt werden, wo das Mittel, 
gleichviel welcher Art es ist, zur Beseitigung und Heilung 
einer Krankheit dienen soll, wenn diese auch als eine 
Folge dämonischer Einwirkungen betrachtet wird. In der 
erstgenannten Inschrift handelt es sich um einen Menschen, 
der mit Aussatz und Brandwunden behaftet ist, weshalb 
das anzuwendende Mittel mit Recht 8NDN genannt wird. 
In dem Falle jedoch, in welchem nicht eine offenkundige, 
ihrem Wesen nach erkannte Krankheit vorliegt, und man 
deshalb den Leidenden ausschliesslich als Opfer dämoni- 
scher Einflüsse betrachtete, wird das Wort ND2D gebraucht. 
So in vorliegender Inschrift. Zu beachten ist ferner, dass 
auf der ersten Schale die feierliche Ansprache „Ich be- 
schwöre euch‘, die in der zweiten so oft wiederkehrt, 
vollständig fehlt. Man war offenbar der Meinung, dass 
bei einer so bekannten, äusserlichen Krankheit, zu deren 
Heilung überdies wahrscheinlich auch natürliche Heilmittel 
dienten, ein solcher Aufwand von Pathos überflüssig sei 
und der ganze Beschwörungsapparat nicht angewandt zu 
werden brauche. 

2) Siehe oben S. 23. 

3) Dieses Wort ist gebildet von ">, mand. „Priester“, 
später „Zauberer“; ebenso im Talmud WON „Magier“, 
später „Zauberer“ überhaupt. Auch das Wort NND 
wird den gleichen Prozess durchgemacht haben; siehe 
NOELDERE, Tabari (Leyden 1879) p. 69, Anm. 

4) Für die Frage, ob diese Beschwörungen von jüdi- 
scher oder nichtjüdischer Seite herrühren, ist der Hinweis 
nicht ohne Belang, dass sie in gewisser Hinsicht einer 
talmudischen Forderung gemäss abgefasst sind. Im Talmud 
(Sabb. 66b) wird von Abai die Regel aufgestellt: ya 52 
NEON SHW2, jede Beschwörungsformel müsse aufden Namen 
der Mutter desjenigen lauten, für den sie ausgefertigt werde. 
Sowohl in der vorliegenden als auch in der vorhergehenden 

4* 


38 Jos. Wohlstein 


Inschrift ist diese Norm eingehalten. Als absoluter Beweis 
kann dies aber deshalb nicht gelten, weil das Prioritäts- 
recht des Judentums sich in dieser Sache wohl schwerlich 
erweisen lassen wird, und ebenso wenig, dass die Juden 
ausschliesslich und allein im Besitze dieses Mysteriums 
blieben. 

5) ’D'S (s. auch unten, S. 49, Z. 22) ist ein im Talmud 
gebräuchliches nomen proprium, so z. B. auch für die 
Mutter eines Talmudlehrers: Z/es. 4a; allein die Namen 
ihrer beiden Kinder 0 und 5 bringen sie in den Ver- 
dacht, dass Imi’s Reich nicht von dieser Welt ist, umso 
mehr, als wir nur so im Stande sind, einen halbwegs an- 
nehmbaren Sinn in die dunkle Stelle zu bringen. Ich ver- 
mute, dass ’O’S entweder der Name eines Dämons ist, ab- 
geleitet von der Wurzel D’S „Furcht erzeugen‘, also „die 
Fürchterliche“, oder dass das Wort in dem gewöhnlichen 
Sinne von „Mutter“ zu nehmen ist und hier „Dämonen- 
mutter“ bedeutet. /es. ııza wird das Wassertrinken aus 
einem Flusse oder einem Teiche des Nachts am Mittwoch 
und Sonnabend, aus Furcht vor dem Dämon Schabriri, 
der in diesen Nächten sein Unwesen treibt, untersagt. 
Wird aber jemand vom Durste so sehr gequält, dass er 
dem Verlangen nach Wasser nicht mehr widerstehen kann, 
dann soll er einen Zauberspruch hersagen: PS NDS 
IP DIN I 97 9172 AWO INN „Es sagte mir Imi: 
nimm dich in Acht vor Schabriri* u. s. w. Dem Inhalte 
dieser Formel näher zu treten, ist hier nicht der Ort. 
„Dämonenmütter* werden übrigens auch von Späteren 
genannt. So zählt Bechai ben Ascher, ein Kabbalist des 
13. Jahrhunderts, in seinem Commentare zu Grenesis p. 16 
(Ausgabe in Krakau 1592/93) vier Dämonenmütter auf, 
Dass Imi dort nicht erwähnt ist, braucht nicht wunder zu 
nehmen, da auch andere Commentatoren das Wort in dem 
einfachen Sinne von „Mutter“ auffassten, übersehend, dass 
die Berufung auf die Mutter keine Wirkung auf die Dä- 
monen ausüben konnte. Einige Schwierigkeiten macht 


Ueber einige aram. Inschriften auf T'hongefässen. 39 


jedoch der Stamm ND27, dem jeder dämonische Bei- 
geschmack fehlt. 

Für die Uebersetzung des Wortes Sy stehen uns zwei 
Möglichkeiten offen; doch keine von beiden ergibt sich 
ohne einen gewissen Zwang. Wir können das Wort er- 
gänzen durch N‘, wie ja auch im Mandäischen Sy zur Be- 
zeichnung des logischen Subjekts gebraucht wird (NOELDEKE 
a. a. OÖ. p. 355). Dann würde die Uebersetzung lauten: 
„bewirkt durch Imi, durch Lili und Mar, die Söhne Imi’s 
oder durch irgend jemand, der sie beschwört.* Der Schluss 
lässt jedoch diese Uebersetzung als fast unannehmbar er- 
scheinen. >y kann aber auch mit „gegen“ übersetzt werden; 
dann wäre der Sinn etwa folgender: Der Bann, die Ver- 
fluchungen u.s. w. seien gelöst von Aba, Sohn Barkitha’s, 
und sollen fallen auf Imi und alle, die sie beschwören, 
d.h. der Fluch falle auf das Haupt derer, welche die 
Dämonen Imi und ihre Söhne beschwören, Verderben zu 
verbreiten. Diese Beschwörung würde demnach den dop- 
pelten Zweck verfolgen, einerseits den Bann zu lösen und 
dessen unheilvolle Wirkungen abzuwenden, andrerseits 
diese Dinge den finsteren Mächten und ihren Bundes- 
genossen als freiwillige Gabe zu präsentieren. Dasselbe 
Vorgehen beobachteten nach LENoRMAnNT a. a. OÖ. p. 70 
auch die Chaldäer: „Ja er (der Schwarzkünstler) vermag 
sogar zu töten und zwar durch Zaubereien und Verwünsch- 
ungen oder durch Gift, das er seinen Zaubertränken bei- 
mischt. Die Beschwörungen, welche im letzteren Falle in 
Anwendung kamen, suchen aber stets diesen tötlichen 
Ausgang der Zauberei auf ihren Urheber selber zurück- 
zuwälzen.* 

6) Der Name 7IE0% wird schon vom Targum Jona- 
than Deuteronomium XXXIV, 6 erwähnt und im Talmud 
sehr oft genannt: Chag. ı5a, Ab. Sar. 3b. Die andern 
sind selbstkonstruierte Namen, wie sie leicht und zahlreich 
mit prä- oder suffigiertem 58 gebildet werden können. 
Metatron gilt in der Kabbalah als der nächste Diener 


40 Jos. Wohlstein 


Gottes und wird in der Sage mit Henoch identificiert, der 
durch die Motivierung „da ihn Gott zu sich nahm“ von 
der Bibel gleichsam als nicht gestorben bezeichnet wird, 
Cerem chemed IV. B., p. ı74. Wahrscheinlich mit Bezieh- 
ung auf diese Sage heisst es in dem kabbalistischen Ma- 
secheth Azıluth p. 3: W8) DM wan Tanın PRoDm. 

7) Nach der auf die altbabylonische Astrologie zurück- 
zuführenden Ansicht jüdischer und griechischer Theosophen 
der ersten christlichen Jahrhunderte hing von sieben Sternen 
die beständige Veränderung der Dinge ab: NEANDER, Ge- 
netische Entwicklung der vornehmsten gnostischen Systeme. 
Berlin 1818. Dieselbe Anschauung findet sich im Buche 
Tobias ı2. ı5 und im Buche Henoch c. 90. 2ı. Einem 
ähnlichen Glauben begegnen wir auch bei einer Sekte 
der Sabier, die den Namen „Anhänger der geistigen 
Wesen“ führte. Dies ist von besonderem Interesse, da 
sich deren Anschauung von der Thätigkeit und Wirksam- 
keit der geistigen Wesen mit der des Talmud vollkommen 
‚deckt. Der einzige Zweck, für den sie geschaffen sind, | 
so lehrt jene Sekte, ist die Heiligpreisung und Anbetung 
Gottes und die Erfüllung seiner Befehle. sw nina wow 
on 532 ame mies meer 28505 ist der Ausspruch des Tal- 
mud, in dem er die Wirksamkeit der Engel zusammen- 
fasst: Chullin p. gıb. Noch bunter und farbenreicher wird 
dieses Bild an einer anderen Stelle ausgemalt: Sechs- 
hundertundvierundneunzigtausend Engel heiligen täglich 
den Namen Gottes; von Sonnenaufgang bis zu ihrem 
Untergange sagen sie: heilig, heilig, heilig!: Medrasch 
yabbah 167; s. Brecner, Das Transcendentale p. 9. Ist 
somit in diesem Punkte eine Uebereinstimmung der ge- 
nannten Sekte mit dem Talmud konstatiert, so finden wir 
eine gleichartige Anschauung auch bei dem Verfasser 
unserer Inschrift. Denn ebenso wie dieser von sieben 
Geistern spricht, welche gehen und umkreisen Himmel und 
Erde, Sterne und Planeten, so kennt auch jene die Leiter 
der sieben Wandelsterne, welche „die vermittelnde Ursache 


Ueber einige aram, Inschriften auf T’hongefässen. 41 


bei dem Hervorbringen und Schaffen, bei der Verwand- 
lung der Dinge bilden, welche die Kraft von der gött- 
lichen heiligen Majestät zu Hülfe rufen und sie auf die 
niederen Existenzen herabströmen lassen“; s. HAARBRÜCKER, 
Schahrastani. Religionsparteien und Phrlosophenschulen, Halle 
1851, pp. 5 und ®. 


8) Wir sehen, dass das Bestreben des Schreibers da- 
hin ging, für den Begriff des „Bannes“, unter welchem der 
Patient zu leiden hatte, möglichst viele Synonyma zu finden, 
um dadurch den Effekt und den feierlichen Eindruck zu 
steigern. So werden gewaltsam neue Worte gebildet, die 
diesen Begriff mehr oder weniger präzis wiedergeben. In 
den Kreisen, in denen den obersten Gesetzen der Ver- 
nunft Hohn gesprochen wurde, werden sich die Sprach- 
gesetze wohl keiner grösseren Wertschätzung erfreut haben 
und bei der Bildung dieser Worte nicht zu Rate gezogen 
worden sein. So tritt uns nun hier u. A. ein neuer Aus- 
druck entgegen, der ein geistiges Eigentum dieser Kreise 
war und geblieben ist: mE W. Dieses Wort wird wohl 
von "DW abzuleiten sein, da bei jeder Schwurleistung und 
Verbannung die Posaune eine wichtige Rolle spielte, so 
sehr, dass bekanntlich ein Rabbiner dem Philosophen blos 
den Schofar zu zeigen brauchte, um ihn mit der Exkom- 
munikation zu bedrohen. Dieser Brauch ist in talmudischer 
Zeit herrschend gewesen, wie aus’ einer Stelle im Moed 
Katan p. ı6a deutlich hervorgeht: n'nnw DW 08 YAIN2 
HB) p92 Wenn es auch fraglich ist, ob dieses Instru- 
ment in ahacher Zeit bei einer Eidesleistung gebraucht 
wurde, so geht doch aus obiger Anekdote mit Evidenz 
hervor, dass ein Bann nur mit einem solchen verbunden 
gedacht wurde. Dafür spricht auch die Stelle Sana. AT 
So oft Rabbi Huna zu Gericht ging, befahl er '3Xn YIDYEN 
NOTMID) SID AyIET pjp}a 'SmUN „bringt mir meine Laden 
geräte® d. h. Dinge, die er beim Richteramt eventuell 
brauchen konnte. Drei davon dienten zu körperlichen 


42 Jos. Wohlstein 


Strafen, mit dem 781% hingegen vollzog er den Bann. 
Ueber NME'DV siehe oben S. 24, Anm. ıı. 


9) Vielleicht von Y'% „Glanz“ abzuleiten, also glanz- 
umflossenes oder -ausstrahlendes Himmelswesen. 

10) „Gott giebt“ oder „Gott hat's gegeben‘. 

ı1) Bekanntlich wird den einzelnen Buchstaben des 
göttlichen Namens eine hohe Bedeutung beigelegt und ein 
dynamischer Einfluss zuerkannt. Ob die Lesung aber 
richtig ist, kann ich nicht mit Sicherheit behaupten. 


12) Bedeutet wohl 58 us, „der bei Gott, in seiner 
unmittelbaren Nähe weilt“. 


13) Die Bedeutung dieser Namen liegt klar: „Jah ist 
mein Name“ u. s. w. Die dem Worte tw präfigierten 
Silben bilden die Worte MIN‘ und 8. Man sieht daraus, 
wie gekünstelt solche Engelnamen sind und mit welchen 
Mitteln dabei gearbeitet wurde. Der zweite Name könnte 
möglicherweise formell oder dem Sinne nach identisch sein 
mit dem NÖI3SUNNSN der Mandäer, der auch Y'nW' „Ja des 
Himmels“ genannt wurde. 

14) Hierzu möchte ich eine im Talmud erwähnte Be- 
schwörungsformel anführen, die durch ihre Kürze und 
Einfachheit von dem Bombast und der schwülstigen Rede- 
weise unserer Inschriften bedeutend absticht. Baba bathra 7 3a 
wird erzählt: Ein Schiff, das flott das Meer durchschnitt, 
wurde plötzlich von einem gewaltigen Wellenschlage ge- 
troffen und dem Untersinken nahe gebracht. Da bemerkten 
die Reisenden oberhalb der Welle einen weissen Feuer- 
strahl, in welchem sie eine dämonische Macht vermuteten, 
die diese Gefahr heraufbeschworen hatte. Sie nahmen 
einen Stab, auf den die Worte geschrieben waren: M’NN 
n>D TON TON MINSAL MMS ION, und die Gefahr wurde ab- 
gewandt. Dieser kurze Spruch hatte demnach genügt, die 
dämonischen Angriffe abzuwehren. 

ı5) Wenn man, wie ich glaube, von dem einen \ Texte 
dieser Schalen auf die anderen Schlüsse ziehen darf, dann 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 43 


wird durch die Schreibung D'T>s (unverändert, ohne das 
m durch PD oder 7 zu ersetzen) Levy’s Annahme (ZDMG 
9, 488), der DSDS für DNS liest und seine Lesung damit 
begründen will, dass man sich scheute, den Namen Gottes 
bei profanen Gelegenheiten unverändert auszusprechen, 
entkräftet; denn entweder hegten die Schreiber dieser 
Amulette keinerlei derartige Scheu oder sie hielten die- 
selben nicht für profane Schriftstücke. Die Frage, ob 
einem Amulett die Heiligkeit zuzuerkennen ist, wird im 
Talmud Sabd. 61b behandelt, u. a. ob ein solches am Sab- 
bath vom Brande gerettet werden dürfe. Dass diese Frage 
von den Schreibern ohne weiteres im bejahenden Sinne 
entschieden wurde, ist wohl begreiflich. 

16) Die Buchstaben NSS N sind vielleicht die Initialen 
der oben erwähnten Worte MS WS MYIS DWrTS, oder des 
weiter folgenden IS, das dreimal wiederholt wird. In 
der von SCHWABE (Revue d’Ass. 1. c.) publizierten Inschrift 
heisst es: NN N DW; dort wird also das N nur zweimal 
wiederholt. Die dort angeführte Erklärung Hars:vy’s scheint 
mir sehr gezwungen; ich wäre vielmehr geneigt, 7’ DW2 
MANS ON zu lesen, wenn nicht in der vorhergehenden Zeile 
drei Worte ständen, die eine ähnliche Erklärung ermög- 
lichten: 70NS TS TS. Dem Zusammenhange nach beziehen 
sie sich auf Gott, der alu Dad", d.h. die bösen Geister 
u. 5: w. „beseitigen möge*. | 

17) Hier scheint aus Versehen ein Engelname zu fehlen. 

18) Möglicherweise: UI n'n\721, also: „sei’s der Wille 
(Grottes)‘, die auch sonst übliche Schlussformel eines Ge- 
betes. 

19) Beide Verba NSS und N’S3NDN sind Ethpaal; 
der Sinn ist: der Beschwörende will sich in staunendes 
Anschauen versenken. Die Vorstellung von fliegenden, 
beflügelten Dämonen entspricht der talmudischen Chag.ı6a: 
DYB3> onb wm oem. 

20) Die Zahl zehn ist bekanntlich mystisch und spielt 
in der Kabbalah eine nicht unbedeutende Rolle Schon 


44 Jos. Wohlstein 


im Buche Jezirah werden „zehn Sephiroth‘ genannt, durch 
welche Gott die Welt erschaffen hat: die Krone, die Weis- 
heit, die Einsicht, die Gnade, die Furcht, die Schönheit, 
der Sieg, die Majestät, das Reich und die Welt der Wirk- 
lichkeit, die gleichfalls in diese Zehnzahl mit aufgenommen 
wird. Nach der Kabbalah wird den Dämonen nur inner- 
halb der Zehnzahl Macht und Herrschaft eingeräumt; über 
diese Grrenze hinaus können sie ihre verderbliche Thätig- 
keit nicht ausdehnen. Bezug genommen wird dabei auf 
eine Bibelstelle: WIn mm! WWwy (Lev. 27. 32), augenschein- 
lich eine Wortspielerei. Darauf stützt sich auch eine Mah- 
nung im Sepher ha- Chassidim $ 1146: Wenn einem Menschen 
von dämonischen Mächten ein Schaden zugefügt wird, so 
soll er vor Ablauf von neun Tagen ja kein Wort darüber 
äussern, da ihm das Reden höchst gefährlich werden 
könnte. Mit dem zehnten Tage aber, an welchem die 
Macht der Dämonen erlischt, darf er ohne Furcht und 
Scheu seinem Hasse gegen jene Luft machen. Siehe auch 
ibidem -S 1153. Im Masecheth Azıluth p. 3, ed. JELLINEK, 
wird ausdrücklich hervorgehoben, dass es zehn Klassen 
von Engeln gibt und ebenso viele Führer, die an ihrer 
Spitze stehen; ihre Namen werden dort angeführt. 


21) Damit soll wahrscheinlich gesagt werden, dass 
der ganze Körper unter dem Banne, der auf ihm lastet, 
zu leiden hat. Nach der talmudischen Physiologie besteht 
der menschliche Körper aus 248 Gliedern; vgl. Makkoth 
p. 23b, Gen. rabbah 60, 58, Pesik. Achre 175. Im Buche 
Bahir, dem ältesten kabbalistischen Werke, wird damit die 
Namensänderung von DIN zu DAMAN in Verbindung ge- 
bracht, weil der Zahlenwert des letzteren der (Grliederzahl 
des Menschen (248) entspricht. 


22) Das Wort m'N%'D kommt in demselben Zusammen- 
hange auch in Zeile 29 unserer Inschrift vor. Möglich ist, 
dass es ein Pael von D'P ist; ich finde jedoch keine Be- 
legstelle, wo das Pael in diesem Sinne gebraucht würde. 


Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen. 45 


23) Vielleicht soviel als „der bei Gott wohnende”, 
dem der ehrenvolle Platz in der Nähe Gottes eingeräumt 
ist. Damit steht auch das von ihm Prädizierte in Zusam- 
menhang: NED IN D’YSD“. Der Sinn der folgenden 
Engelnamen ergibt sich mit Leichtigkeit: 0D‘ „Blitz“, 972 
„Brandpfeil“ u. s. w. Der Engel 78'972 wird auch im 
Buche Henoch c. 8 erwähnt und ist nach dem kabbalisti- 
schen Werke n)>'7 (ed. Jerrınex) der Engel des Blitzes. 
Im Talmud wird fast derselbe Ort als Sitz des Engels 
NasmD bezeichnet: MIA MMS TRIP) „er steht hinter dem 
Wagen‘ Chagigah ı3b. Ich vermute, dass Aniel und Me- 
tatron identisch sind, was nach der obigen Erklärung sehr 
wahrscheinlich erscheint. Nach dem alten kabbalistischen 
Werke Masechelh Aztluth werden die beiden Engel Meta- 
tron und Sandalphon in unauflöslicher Umarmung vor- 
gestellt, weshalb sie auch dieselbe Stelle einnehmen müssen. 
Siehe die Ausgabe von JELLINEX (Leipzig 1853) p. 5: 
map nenn. 


d d 
24) In der Sprache wa MS (s. Levy unter MN) ent- 


spricht der Gottesname 17‘ den Buchstaben vB rn und 
wird in der kabbalistischen Litteratur sehr häufig dadurch 
ersetzt; vgl. das sog. Gebet des Nekunja, Sohar I. 2o, 
ll. 262 u.s. w. Es ist wahrscheinlich, dass der Name in 
unserer Inschrift mit jenem identisch ist, trotz der kleinen 


Variante, die möglicher Weise auf einem Schreibfehler 
beruht. 


Nr. 2426. 


URMDR TI Ünwiy US Town 
na ManSnSsb Ennn Tr EB 
»> On saw wnn2 (on non 
(Sam Mana} m) Ten nn 
wm ENPD) ba) DD 
NMENPWN NY) NmTmw my) 
NOTNaT PNEMNT (INNy3B) 


46 Jos. Wohlstein 


Opnmaw po Gnan ynwen 
MaIpnn na pnmpy prmıbun 
DOy 737 (Oo 1m 


Anmerkungen zum Originaltexte. 


1) Bemerkenswert ist, dass statt eines 7 ein 8 am 
Ende des Wortes steht. 

2) Das N ist zum Teil verlöscht, lässt sich jedoch noch 
ziemlich genau erkennen. 

3) Dieses Wort ist getrennt, und zwischen den Silben 
"m und SN9 ist ein verhältnismässig grosser Zwischenraum. 
Es ist jedoch sinngemässer, wenn man beide als ein Wort 
betrachtet. Vielleicht ist ein die Gesundheit oder das 
Leben förderndes Mittel gemeint. Dagegen spricht je- 
doch wiederum der Umstand, dass sich ein Denominativum 
von DM meines Wissens weder im Mandäischen noch im 
lalmud findet. 

4) Zwischen 9 und ‘ ist ein Strich, ), der aber kaum 
ein Buchstabe sein soll. 

5) Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, 
dass das N des vorhergehenden Wortes sich zugleich auf 
das nächstfolgende bezieht und demnach TS zu lesen ist. 
Dann wäre dies ein selbständiger Abschnitt, welcher nicht 
zur eigentlichen Beschwörungsformel gehört, die mit dem 
Worte 52 beginnt. Der Sinne wäre: „Ich mache ein Heil- 
mittel u. s. w., der geheilt werden möge durch die Barm- 
herzigkeit Gottes. Amen.“ Darauf wendet sich der Exor- 
cist mit einer direkten Ansprache an die Geister, die er 
vernichten und entwurzeln will. Diese Fassung entspricht 
völlig derjenigen auf Nr. 2422. 

6) Der vorletzte Buchstabe dieses Wortes scheint aller- 
dings ein 5 zu sein; 7 ist jedoch nicht ausgeschlossen, in 
welchem Falle das Wort identisch wäre mit "En in 
Ns 2422; s. voben 81.17. 1,.Anm: 4: 

7) Das 7 hat eine ganz auffallende Form: € 

8) Siehe unten S. 48, Anın. 9. 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 47 


9) Das W in diesem Worte ist nicht deutlich erkenn- 
bar, aber die Richtigkeit der Lesung ist kaum zu be- 


zweifeln 
10) Wahrscheinlich ein Schreibfehler für 08%". 


Uebersetzung. 


In deinem Namen!) mache ich dieses Heil- und Schutz- 
und Genesungsmittel?) der Athadabah,?) Tochter Ima’s, 
dass sie geheilt werde mit göttlicher Barmherzigkeit von 
allen Geistern, Dämonen, Denos Gespenstern,t) ..... 1 
magischen Einflüssen,5) von Flüchen und [verderblichen] 
Irrtümern, von Zaubereien und [bösen] Werken,°) von 
bösen Schickungen‘) und Verfluchungen,’) von Beschwö- 
rungen und Unfällen, die ihr hier gebannt seid und die 
ihr nicht hier?) gebannt seid.) Ihr alle seid vernichtet, 
aufgelöst, entwurzelt, dass ihr nicht bestehen könnet vom 
heutigen Tage bis in Ewigkeit. 


Commentar. 


ı) Auf zwei andern Schalen steht TAW2 „in deinem 
Namen‘, was einen guten Sinn gibt; dies lässt sich von 
dem Worte 7EWD nicht sagen. Zu verstehen wäre es ge- 
wesen, wenn mittelst des Grottesnamen durch das Myste- 
rium von dessen Buchstaben die magische Kraft des 
Amuletts erzielt werden sollte — ein in der Kabbalah 
sehr häufiges Verfahren. Allein in der ganzen Inschrift 
suchen wir vergebens nach der Erwähnung oder Andeu- 
tung eines Gottesnamens. Es lässt sich jedoch wohl an- 
nehmen, dass das D hier im Sinne von „mit“ zu fassen 
und demnach das ganze Wort „mit deinem Namen‘* zu 
übersetzen ist; s. NOELDERE, Mand. Gramm. p. 357. 

2) Eigentlich ein Mittel, um das Leben, D'N, zu er- 
halten. | 

3) Wohl derselbe Name wie in Nr. 2422 ("INNS) und 
Nr. 2414 (NIS Sans). Wenn in unserer Inschrift das n 


48 Jos. Wohlstein 


ausgefallen ist, so ist dies nicht befremdend, da diese Er- 
scheinung im Mandäischen ziemlich häufig ist; vgl. sw 
„Bestechung“ statt NYMW u. s. w., NOELDERE a. a. ©. p.63. 

4) Ueber den Ursprung des Wortes '%2, abgeekürzte 
Form für 0NND2N oder, was näher liegt, abzuleiten von 
275 20ben 32437, Anmy3. 

5) Vgl. oben S. 2ı, Anm. ;. 

6) Hebr. M>8 „Fluch, Verwünschung“ und hier wohl 
auch „Beschwörung“, da dieses Wort beide Deutungen 
zulässt; es entspräche somit den Worten NMEMW 1, 
vgl. oben S. 23 f., Anm. ıo. 

7) Zu den Worten 2Y und 8N77% ist das Adjectiv 
NW hinzuzufügen, doch macht der Zusammenhang eine 
besondere Determination überflüssig. 

8) Das N am Anfange des Wortes ist wahrscheinlich 
ein Lapsus, der dadurch entstanden sein mag, dass dem 
folgenden 7'NAWNN ein N folgt. 

9) Diese Stelle ist im Original nicht klar: Das > ist 
undeutlich und scheint auf den ersten Blick ein Nun finale 
zu sein; die Schreibung des Wortes N’, das zweimal kurz 
auf einander folgt, ist jedesmal verschieden, das erste Mal 
endigt es auf 8, an zweiter Stelle auf ”. Schliesslich fehlt 
scheinbar ein Buchstabe, da das vorhergehende Wort 
mit demselben Buchstaben endigt, womit das folgende 
beginnt: NV MN n54; vgl. oben S. 46, Anm. 5. Der 
Sinn der Stelle ist klar: alle Dämonen, die gebannten und 
die nicht in den Bannspruch inbegriffenen, sollen ver- 
nichtet und unfähig gemacht werden, dem Patienten zu 
schaden. 


Nr. 2414. 


NOS DI INT SMNN 19 m3B Sy" 
53 Ya) IH ID ID12N 
28) wm (SD MY 

nby NN NnTmen NMIEIDEN 
oyay ybrn) DON MD 20T On NS 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 49 


wa an by 12 120 Dy 
yenaı „aan (a7 SnDD >y) 
Im2D3 ID NOT DM PnW. 
NON nI2 @ma07 Innsd Kr 
TON) TON 


Anmerkungen zum Originaltext. 


ı) Hier steht ein Schluss-Nun in der Mitte des Wortes. 


2) Dieses Wort kann auch unbB) gelesen werden und 
wäre dann dem Sinne nach identisch mit unbbm), das neben 
wm) in der von Har£vy transskribierten Inschrift erscheint 
und „Zauberwort“ bedeutet; s. oben S. 24, Anm. ıo. 


3) Das N ist entweder durch ein Versehen des Schreibers 
ausgelassen oder der Name wurde auch ohne M ausge- 
sprochen; Personennamen wurden ja häufig verkürzt oder 
sonst verschiedenartig umgeformt, s. unten Anm. 5. 


4) In diesem und den beiden folgenden Worten fehlt 
das ' in den Pluralsuffixen. 


5) Während der Name der Patientin bisher konsequent 
N2SISMNS geschrieben wurde, erscheint er hier am Schlusse 
verändert zu MISTSANS; vgl. unten, S. 50, Anm. ı. 


Uebersetzung. 


Weichet von Achthadeabah,') der Tochter Imi’s, gehet 
hinaus, flieget fort, fliesset(?)?) und zerfliesset (?), ihr Mächte 
der Dunkelheit,3) des Zaubers, der Toten, der Beschwö- 
rungen, der bösen Schickungen,*) welche gekommen sind 
auf Achthadeabah, Tochter Imi’s. Gehet weg und fallets) 
auf die Grazellen‘®) auf den Bergen, und auf jene, die (ge- 
fangen) in den Schlingen, und auf die Pferde, welche die 
Bösen (Geister) essen,’) die Bösen trinken®) — und die 
tötlichen Krankheiten und verachtet . .. .°) und die Ge- 


tränke der Achthadeabah, Tochter Imi’s. Amen. Amen. 


90 Jos. Wohlstein 


Commentar. 


I) Die Worte 8NnS und SS“ könnten getrennt von 
einander gelesen werden: „die Schwester Aba’s“. Allein 
abgesehen von der ungewöhnlichen Form wären wir bei 
dieser Lesung gezwungen anzunehmen, dass der Name 
dessen, für den dieses Amulett geschrieben wurde, fehlt. 
Ich fasse deshalb beide Worte zusammen als weiblichen 
Eigennamen, vielleicht derselben Frau, die in Nr. 2422, 
Z. 2 als Mutter des Achdebuj erwähnt wird. 

2) Dieses Wort kann im Sinne von „fliessen“ gefasst 
werden, etwa = „strömt hinaus“. Das zweite Wort ist 
eine Verdopplung des ersten (mit Voransetzung eines N), 
entweder um dem Befehle einen grösseren Nachdruck zu 
geben oder aus phonetischen Gründen, denen bekanntlich 
in allen Beschwörungen eine nicht zu unterschätzende Be- 
deutung beigelegt wurde. Diese Auffassung ist jedoch 
nicht ohne Bedenken. 

3) 028 „Abend“, mand. ©3285, wahrscheinlich abzu- 
leiten von M3d „wenden“: D1‘ 735 „es wendet sich der Tag“.') 
0135 219 bedeutet wohl: „die mit dem Anbruch der Nacht 
ihre Thätigkeit beginnen“. Die Dunkelheit erzeugt in der 
Brust des Naturmenschen das Gefühl der Furcht und 
Bangigkeit; diese Furcht trübt seinen Blick, er sieht nichts 
als Gespenster. Daher spielen sich alle Spuck- und Ge- 
spenstergeschichten zumeist bei Nacht ab. Daher auch 
die Vorschriften und Massregeln im Talmud, des Nachts 
kein Wasser zu trinken u. dgl. m. Da nun die Thätig- 
keit der Dämonen vorzugsweise oder ausschliesslich in der 
Dunkelheit der Nacht gedacht wurde, ist die Bezeichnung 
8135 7219 sehr passend. Ein Analogon bietet 50 (siehe 
Gesenıus, Commentar zu Jesaia 34, 14), das im Targum 
zum Hohen Lied in der Bedeutung eines Dämons der 
Nacht vorkommt und wahrscheinlich von S>>& abzuleiten 
ist. Der Vollständigkeit halber führe ich auch die mir 





I) Vgl. HAaupT in SCHRADER's KAT, S. 514. — Ked. 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 51 


unzutreffend erscheinende Erklärung von N°35 durch „Leer- 
heit, Nichtigkeit“ an, also: „die, welche Nichtigkeiten voll- 
bringen“. 

4) Eigentlich „Schickung“, ohne nähere Bezeichnung, 
die ja überflüssig ist, da ihre Natur aus dem Zusammen- 
hange zur Grenüge hervorgeht. 

5) Der impt. von 5831; 1518 findet sich auch im Tar- 
gum zu Jesaia 50, ı1. 

6) Der Sinn dieser Worte ist klar: die Dämonen 
werden aufgefordert die Frau zu verschonen, und als Er- 
satz werden ihnen die Gazellen empfohlen, die frei auf den 
Bergen leben oder in Netzen gefangen sind. Fast der- 
selben Worte bedient sich auch Rabbi Chijja, indem er 
sein Verdienst um die Verbreitung der Thora hervorhebt 
(Baba Mezia 85b): DO HTW) DW) NIT), etc. „ich flechte 
Netze und fange Gazellen, verwende ihr Fleisch zur Spei- 
sung armer Waisen und die Felle, um darauf die Gesetzes- 
lehre zu schreiben“. Eine Wechselbeziehung dieser Sätze 
kann bei der völligen Verschiedenheit des Inhalts freilich 
nicht vorliegen. Wenn das Wort falsch geschrieben und 
N) zu lesen wäre, dann ergäbe sich eine sinngemässere 
Uebersetzung: „zu den Böcken auf den Höhen“. ‘38 und 
'S werden auch als nomina propria gebraucht; s. Ber. ı6b 
und unten, p. 52, Zz. 27 ff. 

7) Dass die Dämonen essen und trinken, wird auch 
im lTalmud behauptet: Chag. ı6a, Aboth des R. Nathan 
P- 37: 

8) In dieser Inschrift, in welcher der Exorcismus in 
selbständiger Weise, ohne Zuhilfenahme guter Geister 
vollzogen wird, scheint es dem Schreiber angezeigt, die 
Dämonen auf gütlichem Wege, durch sanfte Ueberredung 
zum Weiterziehen zu bewegen. Dies geschieht durch den 
Hinweis darauf, dass ein opulenteres Mahl an einem an- 
dern Orte für sie bereit stehe und sie daher ohne langes 
Erwägen auf die frugale Speise, die sie jetzt genössen, 
verzichten könnten. Dieser Gedanke ist keineswegs ori- 


5 


52 Jos. Wohlstein 


ginell: Megrla 30ob wird einem Menschen, der von Dä- 
monen durch beklemmende Angst- und Furchtgefühle ge- 
quält wird, der Spruch als Schutzmittel empfohlen: St’y 
NND In n2d MIT „die Ziege im Schlächterladen ist 
fetter als ich“. | 


9) NND ist vielleicht „Gelage*, von MD „hingestreckt‘; 


s=Amos VL-4: Donwny Sy DoınD). Das Wort SYPW wird 
hier wohl nicht den engen Begriff von „Irank“ haben, 
sondern in dem Sinne von NW» „Mahlzeit“ aufzufassen sein. 


Nr. 2417. 


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mob napawan no 7129 (N2D 
a pmmp7 (9... BET Sina MD 
125 sapawn Din man (92 
m @Oymbsa np 7125 Nayawn 


Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen. 53 


NIT pan @l... wrn non yon 
nanıapar name Man 

mnby vn pam D° Man) 2322 
Haan Jar YpDyma Dnn InNT nB2) 
N229N 821 ar 87 m2 

DYD) 17 TON TON 


Anmerkungen zum Originaltext. 


Diese Inschrift unterscheidet sich inhaltlich und 
graphisch wesentlich von den übrigen. Die Schriftzeichen 
haben ganz primitive Formen; sie bestehen aus einfachen, 
geraden Strichen, ohne jedwede Abrundung und Verzie- 


rung; viele Buchstaben sind abgehackt, z. B. | für 7, 


'), für 5, =: für 2 u.s.w. Daraus dürfen jedoch keines- 
wegs Schlüsse auf ein höheres Alter der Inschrift gezogen 
werden, vielmehr ist dieser Umstand auf Rechnung der 
Nachlässigkeit des Schreibers zu setzen. 

ı) Das © ist mit dem N derart verbunden, dass man 
sie auf den ersten Blick für einen Buchstaben hält. 
Zwischen diesem und dem folgenden Worte steht ein 
Zeichen +, dessen Zweck sich schwer ermitteln lässt. 

2) Es ist bemerkenswert, dass der Status emph. in 
dem Worte 7b5W bis hieher auf 1, von nun an aber auf 
N endigt; damit dürfte die Verkürzung und der Ausfall 
des 8 in dem Worte N, das zu => wird, zusammenhängen. 

3) Hier folgt nach der stereotypen Begrüssungsformel 
mr nmoWw noch N; infolge einer Verwechslung ? 

4) Das N ist nicht ganz sicher; es ist nur || zu sehen. 
Dass die obere Horizontallinie fehlt, kann in dieser In- 
schrift nicht überraschen. S. die folg. Anm. 

5) Das 2 hat die Gestalt _ ; die senkrechte Linie fehlt. 
Da das Wort in unserer Inschrift aber wiederkehrt, so ist 
die Lesung unzweifelhaft. 

6) Vielleicht ist dieses im Original sehr undeutlich 
geschriebene Wort 7n27 zu lesen, da die Consonanten 


54 Jos. Wohlstein 


und 7 ebenso wie 1 und 7 in dieser Inschrift kaum zu 
unterscheiden sind. Danach wäre „Hüter des Glanzes“ 
zu übersetzen. 


7) An dieser Stelle ist die Schale entzwei gebrochen, 
und infolge dessen sind die Buchstaben sehr verstümmelt. 


8) Es fehlen ungefähr drei Buchstaben, die sich aus 
dem Zusammenhange leicht ergänzen lassen : 23W. 


9) Das %W ist mit dem 8 zusammengezogen. 

10) Das d ist etwas undeutlich und sieht fast wie % aus. 

ır) Hier ist ein ganzes Stück von der Schale abge- 
brocken. Ist etwa zu lesen !W"7D 'N177? 

12) 3%? 

13) Sicher ein 7, obwohl der Buchstabe durch ein 
kleines Viereck über der Horizontallinie unkenntlich ge- 
macht ist. 

ı4) Da dieser Name zweimal als }'X%DN erscheint, dürfte 
hier ein Versehen des Schreibers vorliegen. 

15) Die Konsonanten sind oben abgebrochen; doch 
ist aan mit ziemlicher Sicherheit zu erkennen. 

16) Hier sind infolge der Schadhaftigkeit der Vase 
etwa zwei Worte unleserlich. 

17) Vielleicht ©3y2W%}, was wiederkehrt. 

18) Fehlt ein Wort, möglicher Weise 82%. 

ı9) Steht im Original zweimal. 

20) Hier bricht die Beschwörung ab, und folgende 
Worte sind in Parenthese gesetzt: 

| 22 NT NO 

I IMS IN YTT NIT IN 
Soll dies vielleicht ein Attest für die Zuverlässigkeit des 
Schreibers sein, etwa: „Der Schreiber dieses Amulettes 
ist uns bekannt“? Jedenfalls wurde dadurch die Lesung 
erschwert. 

21) Verlöscht. 


Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen. 55 


Uebersetzung. 


Friede‘) sei dir, Jodid! Friede sei dir, Muth! Friede 
sei dir, Jedid! Friede sei dir, Mutter?) Dabthi! Friede sei 
dir, Mutter Chuschu! Friede sei dir, Mutter Ith!5) Friede 
.sei dir, Herrin!) der Toten und Lebenden! Friede sei dir, 
Göttin der Häuser des Wohlgeruchs!5) Friede sei dir, 


Abutur,°) Hüter... .. .!”) Friede sei dir, Dinimusittha,°) 
Wächter?) . . .......+.!: Eriede"°) :sei.dir, 'Ahud, (Lochter 
Ber aus Samkıl!!)"; 0% diese Schale(?), ihr Toten 


des Hauses, die da liegen in der Erde und schlafen im 
Staube, vor euch bitte"?) ich, flehe ich, alle Scharen ... 

. verändert(?) euren Thron und eure Herrschaft") vom 
Hause des Babu, Sohn Bidun’s, und gehet in das Haus 
der Asmin, Tochter Idi’s, [und reiniget] esset und trinket! 
weilet und weilet, .... ein Gewebe im Hause der Asmin, 
Tochter Idi’s, und .... ihre Kleider, .... welche be- 
sitzt Asmin, Tochter Idi’s. Ich beschwöre euch, ihr Toten, 
ich beschwöre euch, ihr Toten bei jenem Tage, ...... 
an dem ihr aufstehen werdet zum Gerichte; ferner be- 
schwöre ich euch, beschwöre ich euch, ihr Toten beim 
Gotte Man ..... und zurückzuführen euch, eure... .. 
Seele‘#) in euren Körper und zu bringen(?) zum ewigen 
Fapenss)i 2:0 


Commentar. 


Die Zurufe und Begrüssungen von Verstorbenen 
verschiedenen Namens NY7N82 121297 und die weiter unten 
folgende Einladung, in das Haus einer gewissen Frau 
zu kommen, die mit Namen genannt wird, um (MON 
nem) dort zu essen und zu trinken, erinnert uns an den 
bei den Naturvölkern verschiedenster Race allgemein 
herrschenden Brauch, den Toten Trank und Speise dar- 
zureichen; s. die zahlreichen Beispiele in HrRBERT SpENncER’S 
Die Prinzipien der Soziologie, deutsche Ausgabe von B. 
VETTER, Stuttgart 1877, Bd. I, p. 192 und 316, und Ivror, 


56 Jos. Wohlstein 


Primitive culture, London 1873. Besonders bezeichnend 
für den vorliegenden Fall ist, was Lippert, Der Seelenkult, 
Berlin 1881, p. 2ı über den Seelenkult der Japaner schreibt: 
„Die Japaner bewahren eine Gedächtnistafel ihrer Geschie- 
denen an heiliger Stätte im Hause, indes sie die Seelen 
draussen in der Nähe des Leichnams denken. Einmal im 
Jahre, am Laternenfeste jedoch laden sie alle wieder in 
ihr Haus, sie suchen sie an diesem Tage auf dem Fried- 
hofe auf und bitten sie zu sich. Unsichtbar in langen 
Zügen folgen sie dem Einlader, daheim nimmt dieser die 
(redächtnistafel aus der Lade und vor sie hin, um die er 
sich die Seelen sammelnd denkt, stellt er eine Mahlzeit: 
Reis, Kuchen, Fische, Früchte, Thee und Saki (ein Ge- 
tränk).“ Es läge nun die Vermutung nahe, dass unsere 
Inschrift eine gleiche Tendenz verfolge; allein sie erweist 
sich als irrig. Schon der Umstand, dass die Geister auf- 
gefordert werden, „ihren Thron und ihre Herrschaft“ von 
einem Hause in das andere zu verlegen, zeigt zur Grenüge, 
dass es sich hier um ganz andere Dinge handelt. Welchem 
Zwecke freilich unsere Inschrift diente, wird schwer zu 
ermitteln sein, da sie an jenen Stellen, die darüber Auf- 
schluss geben könnten, korrupt und lückenhaft ist. Vor- 
läufig müssen wir uns damit bescheiden zu constatieren, 
dass hier eine ganz eigenartige Formel vorliegt, die in In- 
halt und Tendenz von allen übrigen abweicht und offen- 
bar nicht jüdischen Kreisen, sondern den Mandäern an- 
gehört; vgl. oben S. 135. 

ı) Eine alte Grussformel der Mandäer, welche nach 
NOELDERE a. a. OÖ. p. 483 nach unserer Ausdrucksweise 
nicht als Wunschsatz, sondern als indikativische Aussage: 
„Friede ist mit dir“ zu fassen ist. In der Uebersetzung 
habe ich die unserem Sprachgefühle besser entsprechende 
Wunschform gewählt. 

2) Das % ist vielleicht ein Schreibfehler, an denen in 
dieser Inschrift kein Mangel ist. 

3) Es ist fraglich, ob wir hier lauter nomina propria 


Ueber einige aram, Inschriften auf Thongefässen, 57 


vor uns haben; da einige von diesen Worten auch ge- 
wisse Eigenschaften bezeichnen, so ist für sie eine appel- 
lative Bedeutung nicht ausgeschlossen. 

4) M%. Dieser Ausdruck ist allerdings sehr grell und 
hat einen starken heidnischen Beigeschmack. Allein es ist 
‘daran zu erinnern, dass im Talmud von Metatron dasselbe, 
ja sogar noch etwas mehr prädiziert wird. Denn er hat 
dort das Epitheton Dnypn mw: Sanhı. 94a, Feb. ı6b. Diese 
Stelle allein würde noch nicht genügen, die Annahme 
eines jüdischen Ursprungs vollends zu entkräften. 

5) Darunter ist vielleicht das Paradies zu verstehen; 
die Bezeichnung „Häuser“ (im Sinne von „Stätten“) „des 
Wohlgeruches, der Lieblichkeit“ entspräche dem verbrei- 
teteren Ausdrucke 77y 71 „Garten der Lust“. Dieselbe 
Anschauung findet sich in einer Legende im Midrasch 
Falkut zu W 32, wo von Rabbi Abahu erzählt wird, dass 
er nach seinem Tode im Jenseits dreizehn Balsamströme 
als Lohn für seinen frommen, tugendhaften Lebenswandel 
vorfand. 

6) Dieser Name kommt nur in dieser Inschrift vor, 
ganz entsprechend ihrer Tendenz; denn sie will nicht eine 
Beschwörung böser Geister sein, wie die vorhergehenden, 
sondern enthält lediglich eine Bitte an die Verstorbenen. 
Es ist daher selbstverständlich, dass darin der Name des- 
jenigen nicht fehlen darf, der ihnen die Pforten der 
höheren Lichtregionen öffnet und vor dem grossen Thore 
als Pförtner und Wächter den Eingang bewacht. 

7) Diese ganze Stelle wird erst dann verständlich, 
wenn es gelungen ist, über die Provenienz des Abdutur 
Klarheit zu schaffen, welcher auf der von Levy in der 
ZDMG publizierten Inschrift genannt wird. Wie Levy 
richtig bemerkt, ist er mit dem NIS der Mandäer iden- 
tisch. Aber nicht die inschriftliche Schreibung ist die 
richtige, und die mandäische fehlerhaft, wie Levy annimmt, 
sondern umgekehrt. Das Wort ist eine Verschmelzung 
von SAS und 0S7N1Y „Vater der Ufhre“. Letzteres bedeutet 


55 Jos. Wohlstein 


ursprünglich „Reichtum“ und wurde im Mandäischen aus- 
schliesslich im Sinne von „Engel“ gebraucht: NoELDEKE, 
 Mand. Gramm. p. 28. Jenes Wort heisst demnach: „Vater 
der Engel“, d.i. der oberste und vornehmste von ihnen. 
Also ist in beiden Inschriften die Schreibung incorrect. 
Während nun WÖY2N in der Levy’schen Inschrift als böser 
Dämon figuriert und wir eine Degradierung von einem 
guten zu einem bösen Dämon anzunehmen haben, er- 
scheint er hier als das, was er nach mandäischer Vorstel- 
lung ist, als guter Genius. Die ihm beigelegten Epitheta 
stimmen bei den Mandäern und auf den Schalen durchaus 
überein: er wird beiderseits als 87%) „Hüter“ bezeichnet. 
Während uns aber die mandäischen Quellen verschweigen, 
welcher Schatz von ihm gehütet wird, erfahren wir hier, 
dass der „Glanz“. seiner Obhut anvertraut ist, vorausge- 
setzt, dass die oben S. 53 f. vermutete Lesung richtig ist. 
Licht und Glanz spielen bekanntlich im mandäischen Re- 
ligionssystem eine sehr wesentliche Rolle: Die Göttertrias 
ist aus Licht und Glanz zusammengestellt und ihr Sitz 
wird an der äussersten Grenze der Lichtwelt gedacht. 

8) Wahrscheinlich eine Zusammensetzung von DW 
„Brauch, Gesetz* und 8nn8 „Weib“, etwa eine „Üere- 
monienmeisterin* im Reiche der Seeligen; allerdings wäre 
in diesem Falle die umgekehrte Reihenfolge der Wörter 
DW ÖSNNMN zu erwarten. 

9) 71277 heisst wohl auch hier „Thürhüter, Pförtner‘ 
od. dgl. Das y ist der im Mandäischen beliebte Vorschlag 
vor consonantischem Anlaut. 

ı0) Die Begrüssungsformel > nobw, die sich in un- 
serer Inschrift zwölf Mal findet, wurde wahrscheinlich an 
solche Geister der Unterwelt gerichtet, die dort eine herr- 
schende Gewalt ausüben, die Fürsten und hohen Beamten 
des Schattenreiches. Diese werden zunächst mit ihren 
Eigennamen genannt und begrüsst und darauf nochmals 
mit den nomina appellativa, die das Gebiet ihrer Macht- 
sphäre ausdrücken. Wenn die im Jexte verstümmelten 


Ueber einige aram. Inschriften auf Thongefässen. 59 


Worte gleichfalls Begrüssungen enthalten, so beläuft sich 
ihre Zahl auf sieben, entsprechend den sieben Stockwerken, 
in welche nach mandäischer Vorstellung die Unterwelt 
zerfällt. 

11) 'PID ist der Name eines Ortes in Babylonien, der 
auch ed. ızıa erwähnt wird: \PRDT DEN. 

ı2) Sollte eigentlich heissen: >> smö%n>. Im Talmud 
wird das Wort 8M&B mit DB verbunden: 120 NMDA2 
Foma72b ; die Construktion mit 129, wie in unserem Tlexte, 
ist aber sinngemässer: mit einer Bitte „kommt“ — SD — 
man zu jemanden. 

13) Einen zusammenhängenden Sinn .dieser Anrufe 
würde die Aenderung von 7 zu > in den Worten 22 
und hlalaheyi= ergeben; ist wirklich ein Versehen des 
Schreibers anzunehmen ? 

ı4) Nach den Vorstellungen der Mandäer besitzt der 
Mensch zwei Seelen, eine himmlische und eine tierische. 
Wenn nun unsere Inschrift von zwei Substanzen spricht, 
die nicht in den Körper zurückkehren sollen, so ist die 
Annahme wahrscheinlich, dass darunter jene zwei Seelen- 
arten zu verstehen sind, obgleich das Wort nandıym zu 
einer solchen Interpretation nicht berechtigt. 

15) Der Schluss ist infolge der Verstüummelung mehrerer 
Buchstaben teilweise unleserlich. 





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